Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer möchte sich zum Hauptgegner Kickls stilisieren.
Kanzler und ÖVP-Chef Karl Nehammer möchte sich zum Hauptgegner Kickls stilisieren.
APA/HELMUT FOHRINGER

Die Strategie ist klar: Die FPÖ lässt sich am ehesten schlagen, wenn es zu einem Duell kommt. Herbert Kickl gegen Karl Nehammer oder Herbert Kickl gegen Andreas Babler. Es gilt das Gleiche für ÖVP wie auch SPÖ, Ideologie spielt in dieser Überlegung eigentlich keine Rolle.

So einfach, wie es klingt, ist das natürlich nicht. Bisher sieht alles nach einem Dreikampf aus zwischen Kickl, Babler und Nehammer – allerdings mit einem abgeschlagenen Zweiten und Dritten. Die Umfragen führt die FPÖ an, mit Abstand und das seit mehr als einem Jahr. Es zeichnet sich auch nicht ab, dass der Zuspruch nachlässt – trotz der Derbheit Kickls, trotz der steirischen Finanzaffäre, obwohl die FPÖ immer extremer wird. Das ist erstaunlich, aber wahr.

Von einem Dreikampf profitieren die Freiheitlichen. Denn am Ende wird sich der Wahlkampf vor allem um eine Frage drehen: Wählt eine einfache Mehrheit die Partei eines Extremrechten, dem eine illiberale Demokratie wie Ungarn vorschwebt – oder versammeln sich genug Menschen hinter dem aussichtsreichsten Gegenkandidaten?

Wen er absichtlich nicht erwähnt: Babler

Gibt es zwei Gegenkandidaten, die mehr oder weniger aussichtsreich sind, werden dadurch beide geschwächt. Das wäre aus Sicht von ÖVP und SPÖ sehr ungünstig. Aus der gesamtdemokratischen Vogelperspektive lässt sich das Rennen um die Stockerlplätze etwas gelassener betrachten. Selbst bei enorm gutem Abschneiden der FPÖ würde gelten: 70 Prozent der Menschen wollen Kickl nicht. Und Österreich ist eine Demokratie, in der Macht vor allem in den Händen der absoluten Mehrheit liegt.

Kanzler und ÖVP-Chef Nehammer hat nun den – aus seiner Sicht verständlichen – Weg Richtung Kanzlerduell gegen Kickl eingeschlagen. Am Höhepunkt seiner Rede am Freitag ließ er daran keinen Zweifel: „Er oder ich.“ Was er nicht erwähnt: In Umfragen steht die ÖVP seit Wochen auf Platz drei. Vor ihm liegt noch immer Babler mit seinem komplexen Maschenwerk namens SPÖ.

Dass Nehammer jetzt den Sprung in ein Kanzlerduell schafft, ist deshalb möglich, doch fraglich. Ihm und der ÖVP ist aber jedenfalls etwas gelungen. Nehammer hat – erstens – klargemacht, dass er Teil des Gegenmodells zu Kickl ist: gegen Antisemitismus, gegen Extremismus, gegen Verschwörung, Zerstörung und Destruktion. Und er hat – zweitens – ein Wahlprogramm vorgelegt und damit präzisiert, wofür die ÖVP steht. Da hat er den anderen Parteien nun etwas voraus.

Es reicht nicht, dagegen zu sein

Nehammers sogenannter "Österreichplan" ist ein konservatives Mitte-Programm gespickt mit schlagzeilenträchtigen Forderungen für die rechte bis sehr rechte Zielgruppe. An vielen Stellen sind die Ideen oberflächlich, an anderen rechtlich kaum umsetzbar; wie sich die Pläne finanzieren lassen? Unklar. Aber eines kann man Nehammer nicht mehr vorwerfen: dass er Kickls Aufstieg untätig zusieht.

Die politische Auseinandersetzung mit Hardcore-Populisten ist schwierig. Eines stimmt aber jedenfalls: Es reicht nicht, dagegen zu sein. Im Gegenteil: Die "Anderen" müssen mit besonders klarer Politik antreten und überzeugen.

Von Kickl ist kein ernsthaftes Programm zu erwarten. Er will im Wind flexibel bleiben, da sind schriftliche Festlegungen hinderlich. Die anderen Parteien darf das nicht hindern, ihre Pläne zu präsentieren. Der Wahlkampf ist eröffnet. (Katharina Mittelstaedt, 27.1.2024)