Die Wiener Neos sind gegen die Abbildung von Regierungspolitikern in Medien der Stadt. Das bestätigt der pinke Vizebürgermeister Christoph Wiederkehr, der in zahlreichen Medien der Stadt abgebildet ist.

Christoph Wiederkehr
Als Neos-Chef in Wien ist Christoph Wiederkehr strikt gegen Politikerfotos in Stadtmedien. Als Vizebürgermeister nutzt er die kritisierte Gesetzeslücke.
APA/EVA MANHART

Schon jetzt gilt zwar das "Kopfverbot": Das Medientransparenzgesetz verbietet es Mitgliedern von Bundes- und Landesregierungen, sich in öffentlich finanzierten Inseraten abbilden zu lassen. Der Gesetzgeber wollte so verhindern, dass Spitzenpolitikerinnen und Spitzenpolitiker mittelbar Steuergeld nutzen, um sich selbst zu vermarkten.

Neos zeigten Lücken auf ...

Doch das Gesetz hat Lücken, wie die Neos gerne aufzeigen: So gilt es zum Beispiel nicht für Zeitschriften oder Broschüren, die etwa eine Stadt selbst herausgibt – schließlich sind auch diese Publikationen mit Steuergeld finanziert. Der Wiener Neos-Gemeinderat Markus Ornig kritisierte das 2016 im Landtag heftig: Die Lücke werde "von einzelnen Mitgliedern der Landesregierung" ausgenutzt.

Er beantragte deshalb eine Ausweitung des "Kopfverbots", "denn es ist höchste Zeit, dass wir diese Missstände abstellen und vom Schlusslicht zum Vorreiter in Sachen Transparenz und Sparsamkeit werden".

... die sie nun nutzen

Damals waren die Neos in Opposition, seit 2020 sind sie Teil der Wiener Stadtregierung. In der Praxis zeigen sie nun einen anderen Zugang zu Politikerfotos in Stadtmedien: In der aktuellen Ausgabe der Zeitschrift "Mein Wien" lacht Wiederkehr neben Bürgermeister Michael Ludwig von der Titelseite. Die Stadt verschickt "Mein Wien" alle zwei Wochen an sämtliche Wiener Haushalte. Im Innenteil des Blattes ist Wiederkehr – neben zahlreichen SPÖ-Regierungsmitgliedern – gleich dreimal abgebildet.

Ausschnitt aus der Titelseite der Zeitschrift
Der rote Bürgermeister Michael Ludwig und sein pinker Vize Christoph Wiederkehr haben unterschiedliche Ansichten darüber, wie weit ein "Kopfverbot" gehen soll, aber nutzen die geltende Rechtslage gemeinsam.
screenshot wien.gv.at

Und auch in zahlreichen anderen Publikationen der Stadt findet sich das Gesicht des Neos-Vizebürgermeisters: in den Freizeitkalendern für Kinder und Jugendliche genauso wie im Bericht "Integrations- und Diversitätsmonitor".

"Gleiche Rechte für alle" Regierenden

Wie passt das zusammen? Ein Sprecher Wiederkehrs hält fest, dass man weiterhin dafür sei, dass die auch von den Neos geübte Praxis künftig illegal ist: "Es ist korrekt, dass wir einer gesetzlichen Ausweitung des sogenannten Kopfverbots in diversen Stadtmedien nach wie vor positiv gegenüber stehen und wir uns dahingehende Änderungen wünschen."

Dass die Neos ihr geltendes Recht auf Politikerwerbung in öffentlichen Medien nutzen, verteidigt der Sprecher allerdings: "Es müssen aber in einer Demokratie gleiche Rechte für alle Beteiligten gelten. Solange das nicht der Fall ist, wird auch Vizebürgermeister Wiederkehr in Vorworten von Dienststellen oder stadteigenen Medien persönlich zu sehen sein." (Sebastian Fellner, 12.2.2024)