"Sie wollen das gar nicht wissen." Merklich genervt quittierte Strabag-Gründer Hans Peter Haselsteiner auf diese Weise im ZiB-Interview Ende Jänner die Frage, wie viel ihn die Pleiten im Signa-Reich bisher gekostet haben. Wie auch immer, es könnten jedenfalls noch weitere 25 Millionen Euro dazukommen. Das ist nämlich jene Summe, die Haselsteiner bei Signa Development nachschießt. Aber warum tut er das? Schließlich gibt es beim Anlegen einen Grundsatz, der davon abrät: nämlich dass man schlechtem Geld kein gutes nachwerfen soll. Also bei schiefgelaufenen Investitionen den Einsatz nicht weiter erhöhen soll.

Hans Peter Haselsteiner schießt 25 Millionen Euro bei Signa Development nach.

Ob sich das für Haselsteiner bei Signa Development dennoch auszahlen wird, muss die Zukunft weisen. Meist geht es allerdings schief, wenn Investierende gegen diese Regel verstoßen. Warum? Weil offenbar irgendetwas bei der Veranlagung von der Annahme abweicht, mit der man sie einst getätigt hat. Dennoch verstoßen immer wieder Menschen dagegen – egal ob mit Millionenbeträgen oder bloß dem Ersparten von Durchschnittsverdienern. Warum, erklärt Manfred Frühwirth, Experte für Behavioral Finance an der WU Wien. Und welche psychologischen Muster eigentlich dahinterstecken.

Ihm zufolge gibt es mehrere Ursachen, die Menschen dazu verleiten. Frühwirth gibt zudem zu bedenken: "Wir neigen alle zu denselben Fehlern. Das sind Phänomene, die sich in der langen Menschheitsgeschichte entwickelt haben." Um sie bewusst zu vermeiden, müsse man sie allerdings kennen.

Eskalierendes Commitment

Das Grundproblem lautet Escalation of Commitment und beschreibt ein Phänomen, wonach sich Menschen auch dann nicht vom eingeschlagenen Kurs abbringen lassen, wenn sich schon deutlich abzeichnet, dass er in die Irre führt. Je mehr Geld, Zeit und Emotionen man in eine Sache gesteckt hat, desto schwerer fällt es, davon abzulassen. Frühwirth führt als Beispiele einen Job an, den man weiter ausführt, obwohl die Rahmenbedingungen immer weniger passen. Oder Manager, die von einer geplanten Unternehmensfusion nicht ablassen könne, obwohl sich die Verhandlungen immer schwieriger gestalten.

Rational betrachtet sollten Investierende aber nicht in die Vergangenheit blicken und damit die sogenannten Sunk Costs, also bereits entstandene Kosten oder Verluste, berücksichtigen, sondern ausschließlich auf die künftigen Ertragsaussichten blicken. "Aber das eskalierende Commitment macht es schwer, das nicht zu tun", betont Frühwirth. Zumal es mehrere psychologische Ursachen für dieses Verhalten gibt.

· Verlustaversion Dazu zählt die sogenannte Verlustaversion. "Menschen empfinden Verluste als doppelt so gravierend, wie sie gleich hohe Gewinne empfinden", erklärt Frühwirth. Das führt dazu, dass Investierende bei notleidenden Veranlagungen risikofreudiger werden, um Verluste zu vermeiden. Im Gegenzug werden sie bei gut laufenden Investments risikoscheuer – was ebenfalls irrationales Verhalten darstellt.

· Regret-Aversion Dabei geht es um die Angst davor, eigene Entscheidungen später zu bereuen. "Menschen wollen verlustbringende Projekte nicht beenden, weil sie dann Fehlentscheidungen vor sich selbst zugeben müssten", erklärt der WU-Experte. Dies führt zu ähnlichem Verhalten wie die Verlustaversion.

· Selbstkontrollproblem Zu vergleichbarem Verhalten führt auch das Selbstkontrollproblem. Menschen neigen dazu, notwendige, aber unliebsame Aufgaben – wie das endgültige Realisieren von Verlusten – aufzuschieben, anstatt sie sofort anzugehen.

· Bestätigungsfehler "Wir sehen, was wir sehen wollen, und sehen nicht, was wir nicht sehen wollen", sagt Frühwirth. "Bei Warnsignalen machen wir die Augen zu." Das führt dazu, dass Anzeichen, dass bei einer Investition etwas nicht passt, nicht ernst genug genommen werden.

· Overconfidence Das Phänomen der Overconfidence, also der Überschätzung der eigenen Fähigkeiten, hat verschiedene Facetten. Eine davon: Wenn man viel Zeit und Geld in ein Projekt steckt, neigt man dazu, überoptimistisch zu werden. Ebenfalls ein Verhalten, das Frühwirth als nicht rational einstuft.

Wie erwähnt, ist völlig offen, wie das Signa-Investment für Haselsteiner letztlich ausgeht. Grundsätzlich sollten Investierende aber stutzig werden, wenn sie aufgefordert werden, bei notleidenden Veranlagungen Geld nachzuschießen. Sehr oft geht dies nämlich nicht gut aus, und die Verluste werden sogar noch mehr. (Alexander Hahn, 8.2.2024)