Team in Helldivers 2
Der Schein trügt: So einig wie auf diesem Propagandabild sind sich die Helldivers selten.
Arrowhead Game Studios

"Du hast mir mit einer Pumpgun in den Rücken geschossen", schreibt ein ehemals guter Freund am Tag nach der Schlacht: "Ich kann dir nicht mehr vertrauen." Solche Aussagen sind im Kontext des neuen Koop-Actionshooters "Helldivers 2" keine Ausnahme, sondern die Regel. Wie auch schon im Vorgänger, so ist auch hier das Friendly Fire – also das versehentliche Treffen und Eliminieren der Mitspieler – Teil des Gesamtkonzepts. Das kann zu heftigen Diskussionen führen, trägt aber auch massiv zum Spielspaß bei.

"Helldivers 2": Das Setting

In puncto Setting lässt sich nicht übersehen, dass sich auch der zweite Teil des "Helldivers"-Franchises stark am Film "Starship Troopers" aus dem Jahr 1997 beziehungsweise an der sozialkritischen Romanvorlage von Robert A. Heinlein aus dem Jahr 1959 orientiert. Nicht nur, dass die Widersacher in den ersten Missionen auch hier wie übergroße Käfer und Kakerlaken aussehen, es wird auch das Bild einer durchwegs militarisierten Gesellschaft gezeichnet.

Das beginnt mit dem Introvideo im Stil eines Werbeclips, bei dem zunächst eine Familie in einer amerikanischen Vorstadtsiedlung von einem Käfer brutal zerfleischt und anschließend der Spieler aufgefordert wird, sich den Helldivers – also dem Militär – anzuschließen. Es setzt sich in der Namensgebung der eigenen Raumschiffe fort, denen Spieler Namen wie "Ombudsmann der Demokratie" oder "Executor of Equality" geben können. Und es findet sich im Spiel per se immer wieder: Stirbt ein Spieler in "Helldivers 2", so erscheint wenige Sekunden später ein Ersatz mit patriotischen Sprüchen wie "Die Demokratie ist gelandet". Die Menschheit befriedet die Galaxie durch Krieg, das Individuum ist nur ein ersetzbares Werkzeug zum Erreichen dieses höheren Ziels.

Helldivers 2 - "The Fight for Freedom Begins " Launch Trailer | PS5 & PC Games
PlayStation

Neue Perspektiven

Doch die meisten Menschen werden sich "Helldivers 2" wohl nicht zulegen, um gesellschaftliche Werte und Normen zu diskutieren – sondern um mit Maschinengewehren auf Alien-Käfer zu ballern und sich dabei von ihren Freunden anschreien zu lassen. Gegenüber dem Vorgänger sind die größten Änderungen nicht zu übersehen: Spielte man zunächst in der isometrischen Perspektive, so wurde für den zweiten Teil auf die Third-Person-Ansicht gewechselt.

Nach Titeln wie "Magicka", "Gauntlet" und eben "Helldivers" betritt der schwedische Developer Arrowhead Game Studios damit neues Terrain, macht sich dabei aber recht gut. Alles sieht deutlich schicker aus als im Vorgänger, und dass man aufgrund der neuen Perspektive rascher mal den Überblick verliert, ist auch irgendwie Teil des Spielspaßes.

Screenshot
Im Getümmel verliert man rasch den Überblick. Kein Wunder, dass es da auch mal einen Kumpel erwischen kann.
Arrowhead Game Studios

Im gleichen Atemzug wurde in "Helldivers 2" leider auch die Option für Couch-Coop, also das gemeinsame Spielen vor dem heimischen Fernseher, gestrichen. Im Third-Person-View ist dies zwar nicht so leicht umzusetzen wie in der isometrischen Perspektive, ein No-Go ist es aber nicht – wie zum Beispiel der "Goat Simulator 3" und diverse Rennspiele zeigen, bei denen man schlicht auf Split Screen setzt. Im Online-Multiplayer ist allerdings auch Crossplay zwischen PC und Playstation 5 möglich, wenn diese Option aktiviert wird. Dieses Crossplay funktioniert auch sehr gut, wie Test-Sessions mit Teilnehmern beider Spielelager eindrucksvoll bewiesen haben.

Ziel und Sinn des Spiels

Helldivers 2 Main Theme - "A Cup Of Liber-Tea"
RogetMusic

Eben diese Multiplayerfunktion ist nicht nur im eigenen Feindeskreis, sondern für alle "Helldivers 2"-Spieler auf der ganzen Welt verbindend: Im Kampf für die demokratischen Werte der "Über-Erde" ist auf einer galaktischen Karte sichtbar, welche Planeten bereits gemeinsam mit Waffengewalt befriedet wurden, Ziel ist das Zurückdrängen freiheitsfeindlicher Zivilisationen in ihre Heimatwelten. Auf dieser Karte werden Planet und Mission gewählt, nach anschließender Auswahl der Ausrüstung – Käufer der 20 Euro teureren "Super Citizen Edition" haben hier mehr Möglichkeiten – geht es auch schon los ins Schlachtgetümmel.

Und hier gibt es eine große Bandbreite an verschiedenen Missionen und Möglichkeiten, diese zu erreichen. So müssen in einer Mission die Nester der Riesenkäfer zerstört, an anderer Stelle eine Atomrakete gestartet oder eine Radarschüssel neu ausgerichtet werden. Letzteres wird in Form von intellektuell nicht sonderlich herausfordernden Minigames umgesetzt, bei denen bestimmte Tastenkombinationen getippt oder Zahlencodes eingegeben werden müssen. Die Vernichtung der Käfer und Eier erfolgt wiederum durch rohe Gewalt.

Screenshot Helldivers 2
Die Minigames sind nicht sonderlich anspruchsvoll, der Zeitdruck kann aber dennoch Stress verursachen.
Arrowhead Game Studios

So wird mit Maschinengewehren und Pistolen auf die Widersacher geballert oder bei Bedarf eine Granate geworfen, im Lauf des Spiels lassen sich neue Waffen freischalten. Sind die Magazine leer, so kann – erneut durch das Drücken einer Tastenkombination – Nachschub angefordert werden. Auf die gleiche Weise lassen sich auch stärkere Waffen bestellen oder Luftangriffe auf größere Gegnergruppierungen anordnen.

Da diese Spezialfunktionen einen Cooldown haben, bringt ihre zeitliche Abstimmung eine interessante strategische Komponente ins Spiel. Und das schafft wieder Potenzial, sich im Teamchat gegenseitig anzuschreien, wenn ein gut gemeinter Air-Strike aufgrund schlechter Abstimmung wieder mal ins Leere ging.

Serverprobleme

Das alles kommt bei der Spielerschaft gut an – man muss leider fast sagen: zu gut. Denn Publisher Sony hat das Spiel gleichzeitig zur eigenen Playstation 5 auch auf den PC gebracht, und dort bricht es Rekorde: Mit über 155.000 gleichzeitigen Spielern wird "Helldivers 2" zum Launch von rund doppelt so vielen Menschen gezockt wie "God of War", was den Kampf für die Über-Erde zu Sonys bisher erfolgreichstem PC-Spielelaunch macht.

Das bedeutet jedoch auch, dass die Server ächzen. In unserem Test wurden an einem Samstagabend regelmäßig Mitspieler aus den Sessions geworfen und mussten sich wieder neu einklinken; am Sonntagabend waren die Server wegen Wartungsarbeiten gar nicht verfügbar. Immerhin: "Wartungsarbeiten" bedeutet auch, dass hier an der Behebung des Problems gearbeitet wird. Auch Arrowhead-Chef Johan Pilestedt betonte zuletzt, dass die Serverkapazitäten angesichts des großen Andrangs ausgebaut werden sollen.

Helldivers 2
Auch mit Atombomben versucht man sich gegen die Übermacht der Aliens zu wehren.
Sony

"Helldivers 2" ist bereits erhältlich und käuflich ab rund 40 Euro zu erwerben. Der von Sony vertriebene Titel ist für Playstation 5 und Windows PC erhältlich. Die Testmuster wurden dem STANDARD von Sony Playstation Deutschland zur Verfügung gestellt.

Erstes Fazit: Erwartungen erfüllt

Bereits beim ersten Teil hatte ich etliche Abende damit verbracht, mit meinen Freunden auf der Couch zu sitzen und dabei Frieden in der Galaxis zu verbreiten. Entsprechend groß war die Vorfreude auf den zweiten Teil, und ich sollte nicht enttäuscht werden: "Helldivers 2" übernimmt viele gute Elemente aus dem Vorgänger, von der strategischen Kombination verschiedener Special Moves bis hin zum nicht mehr zu bewältigenden Chaos, wenn zu viel gleichzeitig passiert. In Kombination mit dem Friendly Fire macht dies viel vom Spielspaß aus.

Der Umstieg auf die Third-Person-Sicht in Kombination mit diversen grafischen Verbesserungen wertet das Spiel optisch auf, dieser Schritt ist somit ebenfalls zu begrüßen. Bedauernswert ist hingegen der gänzliche Verzicht auf Couch-Coop, hier wurde viel Potenzial für lautstarke Streitereien im Freundeskreis liegengelassen.

Zu bezweifeln ist leider auch, dass die schickeren Items in der 20 Euro teureren Premium-Edition das Ende der Monetarisierungs-Fahnenstange bleiben. Denn das Studio sucht derzeit einen "Monetization Designer", der sich ebendiesem Thema für "Helldivers 2" widmen soll. Demnach plant man einen langfristig laufenden Live-Service, bei dem es jedoch kein "Pay to Win"-Modell geben soll. Es ist zu hoffen, dass die offensichtliche Begeisterung der Community nicht dem schnöden Mammon geopfert wird. (stm)

Zweites Fazit: Positive Überraschung

"Helldivers 2" ist für mich die positive Überraschung des noch jungen Jahres. Während ich mit den ganzen Survial-Hypes ("Palworld", "Enshrouded") der letzten Wochen nur wenig anfangen kann, fühle ich mich hier an der Seite von Freunden endlich wieder zu Hause. Die kurzen Missionen lassen zu, dass man auch am Abend in ein bis zwei Stunden gut was weiterbringt und sich zusätzlich über das eine oder andere Upgrade freuen kann.

Für Solisten sehe ich das Spiel aufgrund der fehlenden Handlung überschaubar spannend, wer allerdings zwei oder drei gleichgesinnte Freunde an der Seite hat, der kann – nein: sollte sich die Investition von 40 Euro wirklich überlegen. Auch wenn dabei ab und zu geflucht und vor Wut geschrien wird. (aam, 12.2.2024)