Mitten hinein in die satirische Hölle des Faschingsausklangs fiel ein Urteil, das mit juristischen Mitteln die zumindest teilweise in den Bereich der Literaturwissenschaft fallende Frage klären sollte, was Satire sei und welche stilistischen Merkmale sie von anderen Lebensäußerungen, wie etwa jener der üblen Nachrede, unterscheiden. Wie komplex diese Frage ist, geht schon daraus hervor, dass sich ein Erstgericht und ein Oberlandesgericht erst nach einer Rückverweisung an die erste Instanz zu einer Expertise durchringen konnten, deren Rechtskraft zunächst über den Charakter der Vorläufigkeit nicht hinauskommt.

Was daran liegt, dass die Auffassungsunterschiede, die Textsorte Satire betreffend, in der Auseinandersetzung zwischen dem Direktor des Bundeskriminalamts, Andreas Holzer und dem Satiriker und Verfasser einer einschlägigen Kolumne in diesem Blatt, Florian Scheuba, nicht endgültig ausgeräumt werden konnten. Der Erste besteht darauf, dem Vorwurf des Amtsmissbrauchs ausgesetzt und damit Opfer übler Nachrede geworden zu sein, der Zweite darauf, als Satiriker sich nicht erst den Narrenhut aufsetzen zu müssen, um als solcher nicht nur anerkannt, sondern auch amtsbekannt zu sein. Tatsächlich ist Scheuba als Satiriker ein Wiederholungstäter, der sich vor Gericht den Ruf der Unbescholtenheit durch Berufung auf das Recht der freien Meinungsäußerung erschleichen wollte, was natürlich, auch noch in Tateinheit mit journalistischer Betätigung, keinen guten Eindruck macht.

Florian Scheuba
Kabarettist und STANDARD-Kolumnist Florian Scheuba wurde am Faschingsdienstag wegen übler Nachrede nicht rechtskräftig verurteilt.
Regine Hendrich

In einem Land, in dem der durchschnittliche Satirebedarf mit dem alljährlichen Villacher Fasching befriedigt ist, schon gar nicht. Er hat dem Kriminaldirektor "rätselhafte Untätigkeit" und "folgenschwere Arbeitsverweigerung" unterstellt, ohne diese Vorwürfe mit einem kräftigen Lei-Lei vor der Justiz abzusichern. Was diese wiederum genötigt hat, sich im zweiten Anlauf einer satirischen Inkompetenz der Leserinnen und Leser des STANDARD zu besinnen. Heißt es doch in der Anleitung des Oberlandesgerichts an die erste Instanz, Scheuba habe Untätigkeit und Arbeitsverweigerung "vollkommen nüchtern beschrieben und als Fakten dargestellt, so dass sich dem angesprochenen Leserkreis ... tatsächlich nicht erschließt, dass es sich auch und gerade bei diesen Vorwürfen um Satire hätte handeln können".

Es soll hier nicht für die Leserschaft des STANDARD so schlechthin gesprochen werden, wie das Richter tun, aber es ist auch nicht bekannt, dass dem vorläufig letzten Urteil eine Meinungsumfrage unter den Konsumenten von Scheubas Kolumne stattgefunden hätte, die sie zur Kronzeugenschaft in Sachen übler Nachrede befähigt. Im Umfeld des Innenministeriums haftet nach Jahren politischer Erfahrung der näheren Definition von Untätigkeit als "rätselhaft" ebenso wie der Arbeitsverweigerung als "folgenschwer" ein Unterton an, den Scheubas Leserinnen und Leser durchaus zumindest als satirisch angehaucht identifizieren dürften.

Schwer ist es, keine Satire zu schreiben, wusste man schon im Altertum. Nun gilt es abzuwarten, wie es in der nächsten Runde weitergeht. Es wird im Rahmen der Exekutive so viel für die Ausbildung des Personals getan. Vielleicht ließen sich einmal Satirekurse einschieben – nur zur Sicherung der Pressefreiheit. (Günter Traxler, 15.2.2024)