Eine Brücke für Radfahrer und Fußgängerinnen soll über den Zuggleisen schwebe
Eine Brücke für Radfahrer und Fußgängerinnen soll über den Zuggleisen schweben.
Illustration: Bürgerliste

Menschen, die ihre täglichen Wege in Salzburg mit dem Fahrrad zurücklegen, sind eine nicht zu unterschätzende Wählergruppe. Das wissen auch die Stadtpolitiker, die um Stimmen für die Bürgermeister- und Gemeinderatswahl am 10. März werben. Denn in Salzburg werden schließlich 23 Prozent aller Wege mit dem Rad zurückgelegt. Dass im Vorfeld von Wahlen viele Versprechen gegeben werden, die nach der Wahl nicht immer eingehalten werden, ist auch bekannt. Doch die Pläne für den Radverkehr, die nun plötzlich auch von der ÖVP unterstützt werden, sind schon erstaunlich: Zwei Brücken sollen vom Stadtteil Gnigl über Schallmoos bis nach Itzling über die Eisenbahngleise führen.

Der Stadtteil Schallmoos ist quasi umzingelt von Zuggleisen. Ausfahren kann man nur nach Süden Richtung Altstadt, eine direkte Verbindung zum zentralen Salzachradweg fehlt. Derzeit müssen die Schienen großräumig umfahren werden. Auch Gnigl ist nicht ans Radwegenetz angeschlossen, nachdem beim Neubau der Eichstraßenbrücke kein Radweg eingeplant war.

Mit zwei Schwebebrücken für Radfahrerinnen und Fußgänger über die Zuggleise könnten beide Probleme gelöst werden. Die grüne Bürgerliste hat diese Verbindung auch im Wahlprogramm stehen und bereits ein Modell erstellen lassen. Doch auch die ÖVP, die die letzten fünf Jahre für das Verkehrsressort zuständig war, kann sich vorstellen, diese Brücken umzusetzen. In einer Befragung der Radlobby an alle Parteien nennt sie die Brücken als zentrales Radwegprojekt. Das sind neue Töne.

Karte der geplanten Radverbindung mit Brücken über Gleise.
Google Maps

Projekte aufgeschoben, Koordinator abgeschafft

Salzburg galt einmal als Fahrradhauptstadt Österreichs. Nach nunmehr fünf Jahren ÖVP-Verkehrspolitik ist dieser Titel jedoch nur noch die Hülle seiner selbst. Lange versprochene Infrastrukturprojekte wurden unter der schwarzen Ressortleitung immer weiter verschoben, ein Leihradsystem hat Salzburg immer noch nicht, und die Position des städtischen Radwegekoordinators wurde einfach abgeschafft. Der Salzburger Hauptbahnhof ist de facto nicht mit einem durchgehenden baulichen Radweg mit der Altstadt verbunden. Dieser scheiterte ebenso an der ÖVP, weil dafür 15 Parkplätze hätten aufgelassen werden sollen.

Die Radlobby Salzburg, die seit Jahren auf die Versäumnisse hinweist, hat an die wahlwerbenden Parteien einen Katalog mit Fragen gerichtet, wie sie den Radverkehr in der Stadt in der Zukunft gestalten wollen. Fünf Parteien haben geantwortet, die FPÖ hat sich auf die Anfrage nicht zurückgemeldet.

In Salzburg wäre mehr Radverkehr möglich. Es fehlt nur an baulich getrennten sicheren Wegen wie in der Rainerstraße, was sie, wie hier, zum Ziel für Raddemos macht.
Harald Gaukel/Radlobby Salzburg

Einig sind sich die politischen Konkurrenten darin, das seit mehr als einem Jahrzehnt versprochene Radverleihsystems S-Bike endlich umzusetzen. Auch der Forderung nach einem Lückenschlüssen im Radwegenetz und baulich vom Autoverkehr getrennten Radwegen schließen sich alle Fraktionen an. Gleiches gilt für Maßnahmen für mehr Sicherheit von Kindern, Jugendlichen und Seniorinnen und Senioren beim Radfahren. SPÖ, Bürgerliste, Neos und KPÖ Plus wollen auch wieder eine koordinierende Rad-Taskforce im Magistrat schaffen.

Die Bürgerliste will zudem das Radverkehrsbudget von zwei Millionen auf fünf Millionen Euro pro Jahr erhöhen. Die Kommunisten sprechen sich für eine Verdoppelung der Mittel aus. Die ÖVP hält hingegen zwei Millionen Euro für ausreichend, die Neos wollen lieber Sonderbudgets beschließen, die SPÖ mit Kultur- und Mobilitätseuros über die Ortstaxe mehr Geld für die Mobilität lukrieren.

Deutlich mehr Radverkehr möglich

Übrigens: Das Potenzial für mehr Radverkehr sei in Salzburg aufgrund der kurzen Distanzen und keiner nennenswerten Steigungen hoch, sagt Mobilitätsforscher Harald Frey von der TU Wien. 40 Prozent der zurückgelegten Wege in der Stadt seien kürzer als 2,5 Kilometer, 70 Prozent kürzer als fünf Kilometer – sie wären also ideal mit dem Fahrrad zu erledigen. Dafür brauche es aber eine Erhöhung des Radwegebudgets. 30 Euro sollten Städte laut Fachmeinung pro Jahr und Einwohner für den Radverkehr ausgeben – in der Stadt Salzburg sind es derzeit zwölf Euro. Salzburg liegt also weit hinter seinen Möglichkeiten.

Die Radlobby fordert vom nächsten Gemeinderat daher ein "ehrgeiziges wie realistisches" Radprogramm, mit dem in den nächsten zehn Jahren ein Radverkehrsanteil von 35 Prozent erreicht werden soll. Eckpunkte sind etwa ein Rad-Sonderbudget von 40 Millionen Euro, eine Rad-Taskforce im Magistrat sowie eine sichere Anbindung an das Radwegenetz für alle Schulen und Einkaufszentren, jeden größeren Betrieb sowie jeden Stadtteil und jede größere Siedlung. (Stefanie Ruep 5.3.2024)