Tschüssi! Micky Maus winkt zum Abschied, wenn man der Preiserhöhung durch Disney+nicht zustimmt.
AP/Jae C. Hong

Disney+ hat, wie andere Streamingdienste auch, seine Preise zuletzt massiv erhöht. So wurde mit 1. November das Abo für Neukunden um mehr als 20 Prozent teurer. Wer nun in Österreich ein Abo abschließt, muss 10,99 Euro im Monat hinlegen. Bestandskunden hatten ein wenig länger Zeit, ihnen wird seit 19. Jänner 2024 der höhere Tarif verrechnet. Doch was passiert, wenn man der Preiserhöhung nicht zustimmt und sein bestehendes Jahresabo auslaufen lässt, in der verbleibenden Zeit aber weiter Serien und Filme schauen will?

Die kurze Antwort: Disney sperrt Kunden mit aktivem Abo von der App aus, wie ein STANDARD-Leser herausfand. "Nun zeigt die App seit gestern eine Meldung, wo man den Abo-Preis akzeptieren muss, sonst kommt man nicht mehr in seinen Account", so die Beschwerde. Das Problem: Das Jahresabo läuft eigentlich noch bis Mitte März, nutzbar ist der Streamingdienst aber schon jetzt nicht mehr.

"Dass ich ab 24. März Disney+ nicht mehr nutzen kann, wenn ich der Preiserhöhung nicht zustimme, kann ich noch nachvollziehen. Aber Disney+ lässt mich schon jetzt nicht mehr in meinen Account. Wir haben den 20. Februar. Ich zahle dafür und komme nur rein, wenn ich der Preiserhöhung zustimme. Das ist doch für einen Laien erkennbar kaum rechtens."

Der Sperrbildschirm bleibt

Zwar zeigt der Bildschirm mit dem fraglichen Inhalt noch "Other Options" an, dahinter versteckt sich aber nur eine Einstellungsseite zu Username, Passwort – sowie der Möglichkeit, das Abo zum teureren Preis zu verlängern. Betroffen ist die Disney+-App auf dem iPhone sowie auf der Playstation. Auf Google TV lässt sich die Sperre immerhin umgehen, indem man auf auf "Other Options" klickt und anschließend den Zurückbutton betätigt.

"Dieser Workaround funktioniert aber auf iPhone und Playstation nicht. Dort komme ich schlicht nicht in die App hinein, ohne die Preiserhöhung zu akzeptieren", berichtet der User.

Unzulässiges Dark Pattern

Beim Konsumentenschutz der Arbeiterkammer findet man klare Worte für das Vorgehen: "Das ist ein absolut unzulässiges Dark Pattern", erklärt Kirstin Grüblinger von der Abteilung Konsumentenpolitik der Arbeiterkammer Wien. Der Anbieter von Videostreaming könne nicht einfach sagen: "Stimm zu, oder du fliegst raus." Eine einseitige Preiserhöhung sei nämlich von vornherein unzulässig.

Korrekterweise müsste in so einem Fall das Unternehmen dem Kunden kündigen und dabei auch geltende Fristen und Termine einhalten. Besonders wichtig im aktuellen Fall: "Und bis zum Zeitpunkt der Kündigung kann ich das Angebot nutzen." Eine vorherige Sperre des Users oder der Userin, egal wie, sei auf keinen Fall zulässig. "Disney muss sich in dem Fall schon die Mühe machen, den bestehenden Vertrag zu kündigen." In diesem Fall sei es ratsam, Disney zu kontaktieren und auf die Rechtssituation hinzuweisen. Das sei nämlich auch bei großen Unterhaltungskonzernen keineswegs ausweglos, wenn die Rechtslage eindeutig sei. Hilft das nichts, dann kann man sich immer noch an den Konsumentenschutz wenden, so Grüblinger im Gespräch mit dem STANDARD.

Disney selbst hat auf Nachfrage des STANDARD noch keine Stellungnahme zu dem Fall abgegeben.

Das Spiel mit manipulativen Menüs

Sogenannte Dark Patterns beschreiben eigentlich ein Design, das Nutzerinnen und Nutzer dazu verleiten soll, Dinge zu tun, die ihren Interessen zuwiderlaufen. In diesem Fall eben mit einem Fingertipper die Preiserhöhung eines Streaminganbieters zu bestätigen, weil man gerade seine Lieblingsserie schauen will. Disney ist längst nicht der einzige Konzern, der sich derartiger Praktiken bedient. Auch die Kündigung von Amazon Prime wird durch Dark Patterns erschwert, wie das Handelsgericht Wien in einem nicht rechtskräftigen Urteil feststellte.

Natürlich ist es immer ein Abwägung, ob es sich tatsächlich um ein Dark Pattern oder nur um ein geschickt angelegtes Menü handelt. Laut dem Digital Services Act der Europäischen Union sind derartig manipulative Interface-Designs verboten. Diesem Gesetz unterliegt auch Disney+, schließlich wird der Unternehmenssitz in den Niederlanden angegeben. Nun gilt der Streamingableger des Micky-Maus-Konzerns als keine Plattform nach dem Regelwerk der Europäischen Union. Dieses wurde nämlich am vergangenen Samstag auch auf kleinere Plattformen ausgedehnt. Wobei dazu gesagt werden muss, dass selbst "kleine" Plattformen Millionen von Nutzern haben können. Denn erst ab 45 Millionen Userinnen und Usern gilt eine Plattform im EU-Recht als "groß".

Kritik an Streamingplattformen

Für Disney+ hagelte es in der jüngeren Vergangenheit ohnehin schlechte Presse. Der Service verliert nämlich seit Dezember laufend Kunden. Vier Millionen Userinnen und Usern haben der Videoplattform mittlerweile den Rücken gekehrt. Die Konzernführung scheint das aber hinzunehmen, schließlich haben sich durch die starken Preiserhöhungen der letzten Jahre dennoch Mehreinnahmen ergeben. Trotz des Kundenrückgangs konnte Disney verkünden, monatlich durchschnittlich sieben Millionen Dollar mehr einzunehmen als im Vorjahresquartal. Gleichzeitig hat das Unternehmen angekündigt, stärker gegen Accountsharing vorzugehen.

Konkurrent Amazon Prime Video ging einen anderen Weg. Nach einer Preiserhöhung vor einem Jahr hat die Plattform nun Werbung eingeführt, in einem Bezahlabo wohlgemerkt, und ganz nebenbei noch Features gestrichen. Konsumentenschützer gehen mittlerweile gegen das Downgrade vor. Es handle sich nämlich auch hier um einen ungerechtfertigten Eingriff in einen bestehenden Vertrag, so die Argumentation des Vereins für Konsumenteninformation. Auch Netflix hat die Preise in Europa kräftig erhöht. Seit Oktober 2023 kostet ein Basisabo 10,99 Euro statt bisher 7,99 Euro. (Peter Zellinger, 20.2.2024)