Tee mit Milch
Es ist nicht das erste Mal, dass dieses Heißgetränk im Zentrum eines Konflikts zwischen den USA und Großbritannien steht.
REUTERS/Suzanne Plunkett

Herr und Frau Österreicher sind eher Kaffee- als Teetrinker. In Großbritannien ist das etwas anders. Dort ist unlängst auch eine heftigere Kontroverse mit den USA um das korrekte Teetrinken ausgebrochen. Sogar die US-Botschaft in London sah sich genötigt, sich vermittelnd einzuschalten – und dabei erst doch wieder Öl ins Feuer zu gießen, oder besser: Salz auf die Wunden zu streuen. Doch dazu mehr am Ende.

Beginnen wir mit der Auslöserin der kleinen transatlantischen Krise, die zum Glück eher eine halbironische wissenschaftliche Fußnote zur Boston Tea Party bleiben wird: Dabei handelt es sich um die Chemikerin Michelle Francl, eine der angeseheneren Vertreterinnen ihres Fachs in den USA. Die Professorin am renommierten Bryn Mawr College nahe Philadelphia veröffentlichte Anfang des Jahres ein neues populärwissenschaftliches Buch mit dem Titel "Steeped: The Chemistry of Tea", das von der britischen Royal Society of Chemistry herausgegeben wurde.

Der Stein des Anstoßes ist dieses neue populärwissenschaftliche Buch über die Chemie des Tees.
Royal Society of Chemistry

Um dem lesenswerten Werk größere Publizität zu verschaffen, brauchte es nur einen einzigen Ratschlag, der für echte britische Teetrinkerinnen und Teetrinker nur eine Provokation sein konnte: Francl empfahl, den Tee mit ein paar Körnern Salz zu versetzen, um ihm die Bitterkeit zu nehmen. Heftigste Verstimmungen in den britischen Medien waren die Folge.

Wie sich die Wirkung steuern lässt

Die verkaufsfördernde Kontroverse wird mit weiteren Vorschlägen Francls geschickt am Köcheln gehalten. Zuletzt lieferte sie im "Guardian" eine Empfehlung, wie sich die anregende Wirkung des Tees (beziehungsweise des darin enthaltenen Coffeins) steuern lässt: Wer für einen länger anhaltenden Kick sorgen möchte, greife nach dem Teegenuss zu Grapefruits. Um das Coffein hingegen schnell abzubauen, empfiehlt sie den Verzehr von Broccoli, Karfiol oder Kohlsprossen.

Auch ohne chemische Erkenntnisse lässt sich über die Kunst des Teetrinkens natürlich ohne Ende fachsimpeln: mit oder ohne Milch beziehungsweise Zucker; lieber aus Indien, Sri Lanka oder China; schwarz oder grün. Eine besonders gesundheitsfördernde und entzündungshemmende Wirkung wird übrigens dem Tee "zwischen grün und schwarz" zugeschrieben, dem semioxidierten beziehungsweise halbfermentierten Oolong-Tee aus China. Einschlägige Studien haben, nebstbei erwähnt, angeblich auch Uğur Şahin und seine Frau Özlem Türeci überzeugt, regelmäßig Oolong-Tee zu trinken, wie unlängst der "Spiegel" berichtete.

An den Wurzeln des Aromas

Womit wir in China und einer neuen wissenschaftlichen Studie wären, die sich ebenfalls des guten Teegeschmacks annahm – und zu einer recht erstaunlichen Erkenntnis kam. Forschende aus China fanden nämlich heraus, dass der komplexe Geschmack einer guten Tasse Tee nicht nur von der Teesorte abhängt, die für die Zubereitung verwendet wird. Eine ganz wichtige Variable sind die Mikroben, die an den Wurzeln der Teesträucher zu finden sind. Durch gezielte Veränderung dieses Mikrobioms lässt sich guter Tee noch besser machen.

Auf die Wurzeln kamen die Forscher, weil die Qualität von Tee durch molekulargenetische Züchtungsmethoden nur schwer zu verbessern sei und frühere Studien gezeigt haben, dass in den Pflanzenwurzeln lebende Bodenmikroben die Art und Weise beeinflussen, wie Nährstoffe von den Pflanzen aufgenommen und verwertet werden. Konkret fanden die Forschenden heraus, dass die Mikroben in Teewurzeln die Aufnahme von Ammoniak beeinflussen, was wiederum die Produktion von Theanin beeinflusst, das für den Geschmack eines (grünen) Tees mitentscheidend ist. (Beim Fermentieren zu schwarzem Tee geht viel davon verloren.)

Teeplantage
Auf der Suche nach den biologischen Wurzeln des guten Teegeschmacks: Teeplantage in Fujian, China.
Wei Xin

In einem zweiten Schritt konstruierten die Forschenden um Tongda Xu von der Land- und Forstwirtschaftlichen Universität von Fujian in China eine synthetische mikrobielle Gemeinschaft, die sie SynCom21 nannten. Die damit behandelten Sträucher lieferten nicht nur einen erhöhten Theanin-Gehalt. "Zu unserem Erstaunen entdeckten wir, dass die synthetische Mikrobengemeinschaft sowohl die Qualität von minderwertigen Teepflanzen verbessert wie auch eine signifikante fördernde Wirkung auf bestimmte hochwertige Teesorten ausübte", sagt Wenxin Tang, Mitautor der Studie, die kürzlich im Fachblatt "Current Biology" erschien.

Wie man Tee (nicht) zubereitet

Letztlich kommt es dann aber natürlich auch auf die richtige Zubereitung an, zu der gemeinhin nicht die Beigabe von Salzkörnern gehört. Diese Empfehlung der Chemikerin Francl hätte ja fast eine kleine zwischenstaatliche Krise ausgelöst, weshalb sich, wie oben erwähnt, auch die US-Botschaft in London genötigt sah, sich halbironisch zu distanzieren. Um planvoll den nächsten Fauxpas zu liefern, indem man am Ende des Tweets beiläufig erwähnte, in der US-Botschaft Tee weiterhin richtig zuzubereiten – und zwar in der Mikrowelle. (Klaus Taschwer, 25.2.2024)