Als ruhige Stimme in turbulenten Zeiten ist der österreichische Virologe Florian Krammer in der Corona-Pandemie einem breiteren Publikum bekannt geworden. Der Professor an der Icahn School of Medicine in New York engagierte sich in außergewöhnlichem Maß für eine allgemeinverständliche Kommunikation der aktuellsten Ergebnisse der Sars-CoV-2-Forschung. Sein Anspruch dabei: alles so zu erklären, dass es auch "meine Großeltern verstehen".

Porträt Florian Krammer
Der österreichische Virologe Florian Krammer wird künftig eine Teilzeitprofessur an der Medizinischen Universität Wien innehaben.
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Auch wenn die Akutphase der Corona-Pandemie inzwischen ein paar Jahre zurückliegt, wird es nicht ruhig um Florian Krammer. Wie die Medizinische Universität Wien am Sonntag berichtete, wird Krammer neben seiner Tätigkeit in New York ab März auch eine Teilzeitprofessur in Wien übernehmen.

Für eine 20-Prozent-Stelle warten etliche Aufgaben auf den 41-jährigen Steirer. Einerseits wird er ab Mitte 2025 das Ludwig-Boltzmann-Institut für Wissenschaftsvermittlung und Pandemievorsorge an der Medizinischen Universität Wien leiten. Weiters soll er künftig auch das interuniversitäre Ignaz-Semmelweis-Institut für Infektionsforschung führen, das sich laut Med-Uni Wien allerdings "erst im Aufbau befindet" – der genaue Zeitplan ist noch nicht bekannt.

Per Langlaufskier durch Manhattan

Krammer studierte Biotechnologie an der Wiener Universität für Bodenkultur. Nach seiner Promotion 2010 zog er mit seiner Partnerin Christine Marizzi nach New York. Im selben Jahr trat er eine Stelle an der Icahn School of Medicine am Mount Sinai Krankenhaus beim ebenfalls aus Österreich stammenden Virologen Peter Palese an. Das Mount-Sinai-Krankenhaus stellte sich nicht nur als passende Forschungsumgebung für ihn heraus, es ist direkt am Central Park auch günstig gelegen. So kann Krammer seinen täglichen Weg zur Arbeit im Winter mitunter auch einmal mit Langlaufskier absolvieren.

Mit seiner Partnerin teilt Krammer seine Begeisterung für Outreach: Die Genetikerin und Expertin für Wissenschaftskommunikation entwickelt innovative Modelle wie beispielsweise offene Labore, die es einer breiteren Öffentlichkeit ermöglichen, mit Wissenschaft in Kontakt zu treten.

Faszination für Moorleichen

Neben den institutionellen Aufgaben wird es für Krammer in den nächsten Jahren auch inhaltlich einiges zu tun geben. Der Virologe rechnet damit, bis zu seiner Pension mit noch zwei bis drei weiteren Pandemien konfrontiert zu sein. Und er ist wenig optimistisch gestimmt, dass die Pandemiebewältigung beim nächsten Mal besser läuft als bei Sars-CoV-2.

Technisch und wissenschaftlich habe es in den vergangenen Jahren zwar große Fortschritte gegeben, auf eine Pandemie zu reagieren. Doch gesellschaftlich und sozial schätzt Krammer die Situation heute weniger gut ein als vor 2020. "Es ist sogar noch schlimmer geworden", sagte Krammer im Herbst beim Treffen der in den USA tätigen österreichischen Forschenden in Los Angeles. Krammer befürchtet, dass bei der nächsten Pandemie ein noch geringerer Teil der Bevölkerung Maßnahmen zur Pandemiebekämpfung mittragen würde, da wissenschaftsfeindliche Tendenzen zuletzt starken Aufwind erfahren hätten. Umso größer sei der Bedarf an breiter Wissenschaftskommunikation, um das Vertrauen in die Wissenschaft zu stärken.

Ob für Krammer nebenbei noch Zeit für ausgefallenere Forschungsinteressen bleibt, wird sich weisen. Begeistern könnte er sich jedenfalls für die genauere Untersuchung von Moorleichen und insbesondere der Pathogene, die in ihnen zu finden sind, um herauszufinden, wie sich beispielsweise Viren, die uns Menschen plagen, über die Jahrtausende entwickelt haben. Auch Ötzi fände er diesbezüglich ein faszinierendes Studienobjekt. "Ich glaube, da gibt es noch sehr, sehr viel zu lernen", erzählte Krammer dem STANDARD vergangene Woche – das Gespräch ist kommende Woche im STANDARD-Podcast "Rätsel der Wissenschaft" zu hören. (Tanja Traxler, 26.2.2024)