Gunther Springholz in seinem Labor. Von dort aus mussten die Materialproben in einem Vakuumkoffer in die Schweiz gebracht werden.
JKU/Robl

Bisher unterschied die Physik zwei verschiedene Arten von permanentem Magnetismus: Als Ferromagnetismus bezeichnet man das Phänomen, dass in einem Material die Magneten in den Atomen, genauer gesagt: ihre "Spins", alle in eine Richtung ausgerichtet sind. Das erzeugt den Effekt, den wir von Kühlschrankmagneten kennen.

In antiferromagnetischen Materialien sind im Gegensatz dazu die internen Magneten benachbarter Atome immer entgegengesetzt zueinander ausgerichtet. Ihre Effekte heben sich gegenseitig auf – und sie können somit keine Fernwirkung entfalten.

Im Jahr 2022 sagte eine Forschergruppe aus Tschechien eine neue Form des Magnetismus theoretisch voraus – den "Altermagnetismus". Nun gelang einem Team unter Beteiligung der Universität Linz der erste experimentelle Nachweis dieses Phänomens. Altermagnete könnten aufgrund ihrer ausgezeichneten Eigenschaften eine große Rolle in einer neuen Form der elektronischen Schaltungen, der "Spin-Elektronik", spielen, erklärt der Physiker Gunther Springholz.

"Das Besondere an Altermagneten ist, dass diese zwar auch eine antiferromagnetische Ordnung aufweisen, spezielle Kristallsymmetrien aber bewirken, dass die Elektronen trotzdem eine bevorzugte magnetische Ausrichtung besitzen", sagt der Forscher. Aufgrund dieser Eigenschaften kann damit ein sogenannter Spinstrom hervorgerufen werden. Schickt man elektrischen Strom durch einen Altermagneten, dann zeigen die magnetischen Momente der Elektronen plötzlich kollektiv in eine Richtung, und zwar je nachdem, in welche Richtung der Strom fließt.

Neuer Transistor

All das ist interessant, da sich mit einem Altermagneten in Miniaturformat neuartige Transistoren bauen ließen. Das führt in den Bereich der "Spin-Elektronik", wo man "die Eigenschaften des Spins der Elektronen zur Informationsverarbeitung" zu nutzen versucht, erklärt Springholz. Beim "Spin-Transistor" würde der Spinstrom sehr schnell und mit sehr geringem Energieverlust geschaltet werden, womit sehr leistungsfähige, aber auch gleichzeitig sehr energieeffiziente Computerchips hergestellt werden könnten.

Das ließe sich zwar prinzipiell auch mit Ferromagneten machen. Solche Schaltkreise bräuchten aufgrund des magnetischen Fernfeldes aber relativ viel Platz. Mit Altermagneten könnten hingegen sehr energiesparende Computerchips gebaut werden, in die letztlich mehr Schaltkreise gepackt werden könnten, als das mit herkömmlichen Methoden der Fall ist.

Dementsprechend intensiv ist man auf der Suche nach solchen Materialien. Mit einem aussichtsreichen Kandidaten dafür – nämlich Kristallen aus Mangantellurid – sind die Linzer Forschenden und ihre tschechischen Forscherkollegen bereits seit einigen Jahren vertraut. Gemeinsam mit Forschungsteams der Swiss Light Source des Paul-Scherrer-Instituts in Villingen in der Schweiz, von der Tschechischen Akademie der Wissenschaften sowie Kollegen aus Lausanne, Pilsen und Mainz ging man der Sache nun auf den Grund.

Per Koffer in die Schweiz

Die Materialproben wurden im Linzer Reinraum unter Ultrahochvakuum-Bedingungen hergestellt und mit einem speziellen batteriebetriebenen Vakuumkoffer zum Synchrotron in die Schweiz gebracht. Dort konnte mittels Photoemissionsspektroskopie tatsächlich nachgewiesen werden, dass es sich um einen Altermagneten handelt, wie die Forschenden kürzlich im Fachmagazin "Nature" berichteten. In der Arbeit konnte man also tatsächlich "erstmalig die Existenz einer völlig neuartigen Klasse von magnetischen Materialien experimentell nachweisen", freut sich Springholz.

Ein neuer Transistor wird daraus nicht sofort entstehen. Wie die Orientierung der Atome genau kontrolliert werden kann, ist bislang noch offen. Und vielleicht gibt es weitere altermagnetische Materialien, die das gewünschte Verhalten in einem günstigeren Temperaturbereichen zeigen. Darauf hofft Springholz. (red, APA, 4.3.2024)