Die Wirtschaft läuft nicht rund. Derzeit machen heimische Betriebe vermehrt mit Personalabbau von sich reden. Das täuscht darüber hinweg, dass ein anderes Problem nicht verschwunden ist. Zwar sind wieder mehr als 400.000 Menschen ohne Job, aber auch die Zahl der offenen Stellen bleibt hoch. Im Februar waren an die 200.000 Stellen unbesetzt. Trotz der Flaute werden in Österreich Verkäufer, Handwerkerinnen, technisch Ausgebildete, Finanzer, Rechtsexpertinnen gesucht – kurzum Fachkräfte und Fachleute in fast allen Bereichen.

Zwei Männer arbeiten an einer Werkbank.
Auch wenn derzeit viele Betriebe Personal ab- statt aufbauen: Insgesamt bleibt die Zahl der offenen Stellen hoch.
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Politiker und Politikerinnen reisen bis nach Indien oder auf die Philippinen, um Arbeitskräfte für das Gastgewerbe oder die Pflege zu rekrutieren. Dort treffen sie auf Mitbewerber aus anderen Industrieländern. Weil – und das ist die schlechte Nachricht – Fachkräfte fehlen auch anderswo. Die Bevölkerung wird älter, immer weniger junge Menschen kommen nach. Leichter wird es nicht. Schon bis 2030 wird die österreichische Bevölkerung im erwerbsfähigen Alter um 150.000 Köpfe schrumpfen. Trotz höherer Erwerbsbeteiligung, eines steigenden Pensionsantrittsalters der Frauen – und trotz Zuwanderung.

Warum ist das so? Es gibt jede Menge strukturelle Probleme. Teilweise wurden sie von der Politik auch erkannt. Allein bei Lösungsvorschlägen reden viele mit: Sozialpartner, Industrie, Branchenvertreter, Arbeitsmarktexpertinnen. Das ist gut so, denn die Sachlage ist komplex. Vielen Betrieben ist die Lehrlingsausbildung zu aufwendig, das Image der Lehre lässt zu wünschen übrig. Dazu kommt: Jobs werden nicht immer dort angeboten, wo die Arbeitslosigkeit hoch ist, Betriebe suchen Menschen mit Qualifikationen, die es vor Ort oft nicht gibt – oder sie sind zu wählerisch. Auf Antworten auf Bewerbungen wird oft überheblich verzichtet.

Problem verkannt

Das lässt nur einen Schluss zu: Die Lage wird in vielen Betrieben schlicht verkannt. Dabei liegt ein Teil der Probleme gewiss in den Unternehmenskulturen selbst. Die Flexibilität, die gerne ganz selbstverständlich von den Mitarbeitenden gefordert wird, sucht man in vielen Betrieben vergeblich.

Da kann man sich nicht von starren Gehaltskorsetten trennen, das sich nach den Jahren im Betrieb bemisst, anstatt das Salär auf das Engagement der Beschäftigten abzustellen. Dort werden Väter, die bei der Arbeit zurückstecken und sich in der Familienarbeit engagieren wollen, schief angeschaut statt bestärkt. Fühlen sich Beschäftigte unter Druck, trennt man sich von ihnen, statt die Bedingungen zu verbessern. Ältere Arbeitnehmer und Arbeitnehmerinnen fallen schnell einmal dem Sparstift zum Opfer.

Allzu oft werden diese Themen bei Fachdiskussionen erörtert, zur Tat schreiten aber wenige. Es hapert an konkreten Lösungen. Österreichs Unternehmen verharren in weiten Teilen in ihren steinzeitlichen Strukturen. Das gilt auch für die gesetzliche Interessenvertretung und die Politik. Dort wird in Sachen Zuwanderung herumlaviert. Zu groß ist die Angst, die Wählerschaft an rechts außen zu verlieren. Dabei kommt Österreich über kurz oder lang an einer klugen Einwanderungsstrategie nicht vorbei.

Bis dahin ist es nur vernünftig, jene Menschen, die bereits hier angekommen sind, auszubilden oder umzuschulen und ihnen den Zugang zum Arbeitsmarkt zu ermöglichen. Aber selbst davor hat man Angst. (Regina Bruckner, 12.3.2024)