Leute, die der Ukraine empfehlen, sich hinzulegen und von Wladimir Putin unterjochen zu lassen, gibt es genug. Dann gibt es noch die Unterabteilung derer, die meinen, dass eigentlich der Westen schuld sei, weil er diesen bockigen Ukrainern auch noch helfe; und dann die Verwirrten, die meinen, man müsse nur den "Frieden" ganz fest wollen, dann werde sich Putin schon besinnen und in einen kuscheligen Teddybären verwandeln.

Neu daran ist, dass sich nun auch Papst Franziskus, das Oberhaupt der römisch-katholischen Kirche, dem Chor der Defätisten und Appeasement-Politiker anschließt. In einem Interview sagte der Pontifex: "Wenn man sieht, dass man besiegt wird, dass die Dinge nicht gut laufen, muss man den Mut haben, zu verhandeln." Er denke, "dass der Stärkste derjenige ist, der die Situation betrachtet, an die Menschen denkt, den Mut der weißen Fahne hat und verhandelt".

Papst Franziskus
Sorgt mit seiner Aussage zu einem Waffenstillstand im Ukrainekrieg für Irritationen: Papst Franziskus.
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Zu Ehren des Papstes sei gesagt, dass er offenbar unter "weiße Flagge" nicht "Kapitulation" versteht, sondern eben "Verhandlungen", also die weiße Flagge des Parlamentärs. Allerdings muss sich jeder mit einem Funken Verständnis für die Situation und vor allem für die Persönlichkeit Putins darüber im Klaren sein, dass dieser keine Verhandlungen im Sinne eines Kompromisses kennt, sondern nur im Sinne von Unterwerfung. Noch dazu, wenn es so sein sollte, dass sein Gegner, also die Ukraine, "besiegt wird". Was eine Möglichkeit ist, wenn sich im Westen die Stimmen wie jene des Papstes durchsetzen, aber davon kann man derzeit nicht sprechen.

Putins Wahn

Ein Putin, der sich selbst in einen Wahn verrannt hat – "Wiederherstellung des großen Russischen Reiches" –, gibt sich nicht mit weniger als der totalen Unterwerfung zufrieden, wenn er sich im klaren Vorteil wähnt. Der Mann hat einen Krieg mit hunderttausenden Toten angefangen und wird ihn nur beenden, wenn er sieht, dass er nicht weiterkommt.

Man sollte meinen, dass ein Oberhaupt einer Weltkirche mit rund 1,4 Milliarden Katholiken und zweitausend Jahren Geschichte so etwas weiß. Aber da spielen einige Faktoren mit. Franziskus stammt aus Argentinien und somit aus dem Globalen Süden, der eine seltsame Schwäche für antiwestliche, vor allem antiamerikanische Diktatoren hat. Die Erfahrungen mit dem russischen Imperialismus, die zum Beispiel ein Papst Johannes Paul II. aus Polen hatte, fehlen ihm völlig. Wirklich bedenklich ist, dass Franziskus offenbar auch die Meinung der Ukrainischen griechisch-katholischen Kirche ignoriert.

Fatale Folgen

Was immer Franziskus sich da gedacht hat: Die Folgen einer auch nur teilweisen Kapitulation der Ukraine für Europa wären fatal. Wie alle aggressiven Diktatoren sagt Putin ja klar, was er will: eine "neue Weltordnung", bei der der "dekadente Westen" gekippt wird. Europa müsste dann nach seiner Pfeife tanzen, und es ist keineswegs ausgeschlossen, dass er noch weitere Kriege führt (etwa im Baltikum, wo es russische Minderheiten gibt, oder in Moldawien oder ...).

Der tschechische Außenminister Jan Lipavský bringt es in der FAZ auf den Punkt: "Wie sähe Europa heute aus, wäre das westliche Bündnis nicht erweitert worden? Müsste sich der Westen heute fragen, ob er Russlands Kontrolle über Prag akzeptieren will?" Wenn der Papst der Ukraine die weiße Flagge empfiehlt, dann rät er auch Europa zur Unterwerfung. Der Heilige Vater weiß nicht, was er da redet. (Hans Rauscher, 12.3.2024)