SPÖ-Chef Andreas Babler hat als roter Rebell eine ausgeprägte Altpartei übernommen.
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In Umfragen liegt die SPÖ seit einiger Zeit recht stabil auf Platz zwei hinter den Freiheitlichen. Doch – und das ist interessant zu beobachten – kaum jemand in der SPÖ glaubt, dass die Sozialdemokraten als Zweite aus der Wahl im Herbst hervorgehen werden. Der Kreis rund um Parteichef Andreas Babler ist fest überzeugt, dass die Nationalratswahl noch zu gewinnen ist. Andere Genossen rechnen hingegen gleich mit Platz drei – schließlich könne die ÖVP, aktuell Umfragendritte, zumindest eines ganz besonders gut: Wahlkampf.

Durch den Ausgang der Bürgermeisterwahl in Salzburg fühlen sich viele Babler-Anhänger aber bestätigt. In Österreichs viertgrößter Stadt hat am Sonntag die SPÖ knapp gewonnen. Und fast noch wichtiger aus Sicht des linken sozialdemokratischen Flügels: Die Kommunisten – also ebenfalls Linke – konnten gleichzeitig fast zwanzig Prozentpunkte zulegen und sind Zweite. Die Freiheitlichen kamen abgeschlagen auf Platz fünf zu liegen. Ist das der Beweis, dass die FPÖ mit prononciert linker Politik – wie auch Babler sie machen will – in Schach gehalten werden kann?

Zumindest die kurze Antwort lautet wohl: nein. Ganz so einfach ist es nicht.

Vormarsch des Nonkonformismus

Erstens ist es ganz grundsätzlich wenig ratsam, von Lokalwahlen auf das ganze Land zu schließen. In der Stadt Salzburg leben nicht einmal zwei Prozent aller Wahlberechtigten, und selbst von denen gab nur etwas mehr als die Hälfte ihre Stimme ab. Der Ausschnitt ist also klein, sehr klein – und somit wenig aussagekräftig.

Zweitens macht der Erfolg des Salzburger Kommunisten Kay-Michael Dankl ein Phänomen sichtbar, das sich auch österreichweit beobachten lässt: Immer mehr Menschen sortieren Politiker nicht mehr in alte Schubladen. Die dazu passende These könnte lauten: Es geht weniger um die Frage, ob eine Partei links oder rechts steht, nicht einmal darum, ob sie rechtsextrem oder radikal links ist, sondern viel mehr um Konformismus und Nonkonformismus. Auf der einen Seite stehen die etablierten – eigentlich: die etabliert anmutenden – Parteien, auf der anderen Seite jene, die verheißen, anders zu sein.

Im Grunde zeigen das auch sämtliche Umfragen zum Thema: Das Vertrauen in die Politik schwindet – und immer mehr Menschen sind enttäuscht, fühlen sich ungehört, empfinden Politiker als tatenlos. Die FPÖ ist zwar eine etablierte Partei mit Regierungserfahrung, doch Herbert Kickl gelingt es, sich als Nonkonformist gegenüber diesem "System" zu inszenieren. Die KPÖ hingegen beackert in Städten wie Graz und Salzburg kontinuierlich, mit persönlichem Einsatz und glaubhaft hochrelevante Themen des Alltags – auch das wirkt neu und anders, obwohl die KPÖ eine Uraltpartei ist.

Der Punkrocker und die Altpartei

Wie sehr Nonkonformismus zieht, zeigt Dominik Wlazny mit seiner Bierpartei. Bei der vergangenen Bundespräsidentenwahl wurde der Punkrockmusiker Dritter. In österreichweiten Umfragen liegt seine Partei – obwohl unklar ist, ob sie antritt – bei sechs Prozent. Dabei hat Wlazny nicht einmal ein Programm.

Für Babler ist das ein Problem. Er ist als SPÖ-Chef zwar auch neu und anders – aber die Richtungsstreite, die bekundete Sehnsucht nach der "großen Koalition", das Machtgehabe: Seine Partei könnte kaum etablierter und altbackener auftreten. Natürlich lässt sich mit sozialer Politik eine Wahl gewinnen – aber womöglich nicht als ausgeprägte Altpartei. (Katharina Mittelstaedt, 12.3.2024)