Immer noch gibt es viele Ungereimtheiten und Rätsel rund um die Russland-Verbindungen der FPÖ, die Aktivitäten des Innenministeriums unter Herbert Kickl (FPÖ) und die blauen Beziehungen nach rechts außen samt Inseratengeldern für rechtsextreme Medien. Genug Stoff also für einen U-Ausschuss, den die ÖVP als eine Art "Gegenveranstaltung" zum rot-blauen "Cofag"-U-Ausschuss einsetzte.

Christian Hafenecker (FPÖ, hinten) ist kein Fan des U-Ausschusses, mit dem Andreas Hanger (ÖVP, vorne) das "System Kickl" durchleuchten will.
APA/ROLAND SCHLAGER

Doch zumindest am ersten Verhandlungstag sprang der U-Ausschuss-Funke kaum über, trotz interessanter Auskunftspersonen. Geladen waren Wolfgang Peschorn, Präsident der Finanzprokuratur und kurzzeitiger Innenminister in der Expertenregierung nach Ibiza, sowie der Leiter der Revision im Innenministerium. Sie sollten dem Ausschuss berichten, welches Trümmerfeld Herbert Kickl nach seiner Amtszeit dort hinterlassen hatte.

Neuigkeiten lieferte die Befragung der beiden allerdings keine. Viel Zeit verbrachten die Abgeordneten mit der berittenen Polizei, einem Lieblingsprojekt Kickls, das Peschorn prompt abgesagt hatte. Da habe es mannigfaltige Probleme gegeben, etwa im Verhältnis Pferde- zu Reiterinnengröße. Das Auf- und Absteigen sei schwierig gewesen. Auch der Umgang mit den Fäkalien der Tiere, die ja in der Stadt Wien im Einsatz gewesen wären, hätte das Ressort vor Herausforderungen gestellt.

Der Transport vom Stall in Wiener Neustadt in die Bundeshauptstadt wäre wohl tierschutzrechtlich schwierig gewesen; all das habe zu seiner Absage geführt, gab Peschorn an. Als Präsident der Finanzprokuratur war er vor und nach der Ministerzeit für An- und Verkauf der Pferde zuständig.

"Zweimal um die Welt"

Ansonsten erläuterte er, warum er quasi zu Amtsantritt einen Bericht bei der Inneren Revision anforderte – es habe zu wenig Dokumentation gegeben –, und erklärte, dass man Inseratenausgaben im Einzelfall prüfen müsse – unter ihm wurde 95 Prozent weniger geschaltet als in vergleichbaren Zeiten anderer Minister.

Der Leiter der Inneren Revision N. gab an, dass der Berichtsauftrag "schon okay" gewesen sei, man selbst erhoffe sich "pfeffrigere Aufträge". Medienkooperationen mache man nun nicht mehr selbst, die Bedarfsbegründungen seien ausführlicher. Das sei positiv. Auffällig sei gewesen, dass Kickls Generalsekretär Peter Goldgruber und sein Kabinettschef Reinhard Teufel Dienstwagen erhalten haben. Teufel habe 95.000 Kilometer zurückgelegt, sei in anderthalb Jahren also quasi "zweimal um die Welt", so N.

Thema der Befragung war auch der Beratervertrag für Klaus-Dieter Fritsche, den das Kickl-Ministerium abgeschlossen hatte. Fritsche, einst Vizepräsident des deutschen Verfassungsschutzes und Geheimdienstkoordinator in Berlin, sollte bei der Reform des Bundesamts für Verfassungsschutz und Terrorismusbekämpfung (BVT) mithelfen. Laut E-Mails, die dem U-Ausschuss vorliegen, bekam er dafür ein eigenes Büro im BVT mitsamt der Einstufung, streng geheime Dokumente lesen zu dürfen, wie der Neos-Fraktionsführer Yannick Shetty in der Befragung von Goldgruber angab. Fritsche war ab 2019 auch für Wirecard tätig, deren Vorstandsmitglied Jan Marsalek soll russischer Spion gewesen sein.

Fragen nicht erlaubt

Zu Russland durften die ÖVP-Abgeordneten keine Fragen stellen, eine etwaige Einflussnahme Moskaus auf die FPÖ-Ministerien ist nicht Untersuchungsgegenstand. Daher berief die ÖVP prompt eine Pressekonferenz ein, um darüber zu debattieren. Hintergrund für die eilig einberufene Veranstaltung war ein am Mittwoch vom "Falter" veröffentlichter Artikel über ein Dossier zu Russlands Einfluss in Österreich. In diesem finden sich zahlreiche Namen aktueller oder ehemaliger Vertreter der FPÖ.

ÖVP-Generalsekretär Christian Stocker kann sich deshalb des Eindrucks nicht erwehren, dass die FPÖ Russlands Interessen in Österreich befördern würde – und zwar zum Nachteil der Sicherheit und Ordnung des Landes und der Medienfreiheit. Deshalb will Stocker im U-Ausschuss die Frage geklärt wissen, ob Kickl und seine Partei das österreichische Volk verraten haben.

Erst am Mittwoch wurde außerdem bekannt, dass die FPÖ zum Russland-Thema einen Erfolg vor Gericht eingefahren hat: Die ÖVP darf nun endgültig nicht mehr behaupten, dass die Freiheitlichen für Anträge im Nationalrat Geld aus Russland entgegengenommen oder generell Geld aus Russland erhalten haben. Bereits Ende Februar hatte das Oberlandesgericht Wien entsprechend entschieden, nun wurde auch eine außerordentliche Revision vom Obersten Gerichtshof abgelehnt.

Die letzte Auskunftsperson am Mittwoch, Kickls einstiger Generalsekretär Goldgruber, verweigerte sämtliche Antworten - er denke, der Untersuchungsgegenstand sei verfassungswidrig, deshalb werde er nicht sagen, so Goldgruber zum Unmut der Abgeordneten. Auch die Aussicht auf eine Beugestrafe brachte ihn von dieser Strategie nicht ab.

Am Donnerstag hätte der Ausschuss eigentlich weitergehen sollen, doch alle von der ÖVP geladenen (und teils wieder aus- und eingeladenen) Personen hatten abgesagt. Daher findet die Sitzung nicht statt. Gute Neuigkeiten gab es immerhin in puncto Pressefreiheit: Der vielkritisierte Paravent, der die Abgeordneten vor Journalisten abschirmte, wurde abgebaut. (Renate Graber, Sandra Schieder, Fabian Schmid, 13.3.2024)