Kay-Michael Dankl (links), Bernhard Auinger (rechts)
Könnte Bürgermeister von Salzburg werden: Kay-Michael Dankl. In einer Stichwahl tritt der KPÖ-plus-Politiker gegen den Sozialdemokraten Bernhard Auinger an.
Foto: APA / Barbara Gindl

Ein Gespenst geht um in Salzburg und Umgebung. Es hat sich von Graz dorthin disloziert, unbestätigten Gerüchten zufolge soll es sich dabei um das Gespenst des Kommunismus handeln. Die Bourgeoisie in ihrer Schrumpfvariante Wolfgang Schüssel erzittert, die Verwirrung ist allgemein. Schuld daran sind alle die Interviewer und Moderatoren, die von den hiesigen Proponenten des Kommunismus (in der Folge kurz K.) immer nur wissen wollen, wie man sich heutzutage noch Kommunist nennen kann, aber nie, ob man einen als solchen ernst nehmen muss. Oder ob es sich dabei nicht nur um einen Etikettenschwindel zur Erzeugung von Aufmerksamkeit oder gar um kulturelle Aneignung handelt.

Der K., so seine früheren Veranstalter, ist die höchste Stufe in der Entwicklung der menschlichen Gesellschaft, und die Wählerinnen und Wähler haben ein Recht darauf, zu erfahren, wann Salzburg unter der glorreichen Führung der KPÖ plus diese Stufe erreichen kann, sollte Herr Dankl übernächsten Sonntag Bürgermeister werden. Schließlich hat die KPdSU(B) siebzig Jahre gebraucht, um an der Aufgabe zu scheitern. Die war offensichtlich leicht minus.

"ZiB 9:00": Dankl zu KPÖ-Geschichte
KPÖ-plus-Gemeinderat Kay-Michael Dankl ortet in der Geschichte der KPÖ "Licht und Schatten". Im "ZiB 2"-Interview am Montag betonte er "große Verdienste" im antifaschistischen Widerstand, aber auch ein "viel zu kritikloses Verhältnis zu den Kommandowirtschaften, den Diktaturen in Osteuropa".
ORF

Proletarische Disziplin

Aber Salzburg ist nicht Moskau. Um Klarheit zu schaffen, gilt es, daran zu erinnern, dass die Wahrheit immer konkret ist, und auf dieser Basis über Formalismen hinaus den Proponenten Antworten auf Fragen zur Sache abzuringen. Zum Beispiel: Wie lässt sich die Diktatur des Proletariats mit einem geordneten Ablauf der Festspiele vereinbaren? Schließlich hat, wo der Stadtheilige Jedermann heißt, die Kunst dem Volk zu dienen.

Sicher wollen Wählende auch wissen, wie man es in der KPÖ plus mit dem leninistischen Prinzip des demokratischen Zentralismus hält. Nicht zuletzt deshalb, weil sich dieses hervorragend zur Herstellung von Salzburger Nockerln eignet, wobei bekanntlich entschlossenes Handeln unter Berücksichtigung der Dialektik von Qualität und Quantität der Zugaben entscheidend für den Erfolg ist. Weniger erfolgreich erwies sich dieses Prinzip auf Dauer, als es von Sebastian Kurz, umformuliert in Message-Control, plagiiert wurde – ohne proletarische Disziplin konnte das nichts werden.

Urkommunistische Rituale

Und wann soll in Salzburg unter einem kommunistischen Bürgermeister die Maxime "Jeder nach seinen Fähigkeiten, jedem nach seinen Bedürfnissen" Realität werden? Wer da einwendet, diese Zukunftsbeschreibung müsste erst einmal ordentlich gegendert werden, bevor man darüber reden kann, lässt Zweifel an seinem Klassenbewusstsein aufkommen. Ist doch im K. die Gleichheit aller Mitglieder der Gesellschaft eine solche Selbstverständlichkeit, dass eine sprachliche Differenzierung nach Geschlechtern geradezu ein Verrat an seinen Idealen darstellt. Und wer zur Diktatur des Proletariats meint, na ja, schon, aber das müsse ja nicht gleich sein, und könnte man damit nicht in Linz beginnen, dessen kommunistischer Entschlossenheit ist nicht zu trauen.

Überhaupt entsteht der Eindruck, die KPÖ plus praktiziert eher urkommunistische Rituale, eine Richtung, in die auch das Grazer Matriarchat weist. Einen Überschuss an marxistisch-leninistischer Theorie muss Schüssel nicht befürchten, da schon eher eine Praxis, die sich von der seiner Partei deutlich unterscheidet. (Günter Traxler, 14.3.2024)