Donald Trump hatte noch keine einzige Vorwahl begonnen, aber offenkundig schon ein Gefühl dafür, wie seine Message bei manchen Wählerinnen und Wählern ankommt. "Ich könnte mitten auf der Fifth Avenue (in New York, Anm.) stehen und jemanden erschießen, und ich würde keine Wähler verlieren", soll er laut Berichten von US-Medien damals gesagt und noch verblüfft angefügt haben: "Das ist irgendwie unglaublich". "Er hätte das vielleicht etwas besser ausdrücken können", sagte laut NPR damals ein Kampagnenmitarbeiter.

Mehr als eine Metapher

Doch die Aussage wurde zum geflügelten Wort, das immer wieder seine Gültigkeit bewies: Ob Trump Fantasien über sexuelle Belästigung öffentlich macht, wegen Vergewaltigung zivilrechtlich verurteilt wird, versucht Wahlen zu manipulieren oder die verurteilten Möchtegernputschisten unter seinen Anhängern als "Geiseln" des Justizsystems bezeichnet – seine Anhängerschaft bleibt ihm treu.

Trump: I could shoot somebody and not lose voters
CNN

Eine neue Umfrage aber zeigt nun, dass die Aussage nicht nur metaphorisch, sondern auch noch wörtlich hellsichtig war. Das Unternehmen Mainstreet Research hat im Auftrag der Florida Atlantic University eine Erhebung unter Wählerinnen und Wählern durchgeführt und den Sachverhalt abgefragt. "Donald Trump hat einmal gesagt, er könnte jemanden in der New Yorker Fifth Avenue erschießen, und die Menschen würden weiter für ihn stimmen. Würde es Ihre Wahlentscheidung für oder gegen ihn ändern, sollte Trump tatsächlich jemanden dort erschießen?", lautete die Frage (ab Seite 54, .pdf).

Hälfte der Anhänger bliebe

Insgesamt sagten 62 Prozent der Befragten, ein solches Vorkommnis hätte eine Auswirkung auf ihre Stimme. 38 Prozent würden sich davon nicht die Wählerlaune verderben lassen. Dieses Resultat lässt natürlich die Möglichkeit offen, dass nur Trump-Gegner bei ihrer Stimme bleiben und seine Anhänger sich von ihm abwenden – weshalb das Institut die Antwort aufgeschlüsselt hat.

Nur rund die Hälfte der der Trump-Wähler würde sich abwenden, würde ihr Idol jemanden in der Öffentlichkeit erschießen.
IMAGO/ZUMA Wire

Das Ergebnis zeigt: Trump würde durch das Erschießen eines Menschen in der New Yorker Innenstadt etwa die Hälfte seiner Wählerinnen und Wähler verlieren, die andere Hälfte aber behalten: Konkret würden sich 52 Prozent abwenden, 48 Prozent blieben bei ihrer Zustimmung zu ihm. Befragt wurden 1.500 zufällig ausgewählte Menschen in den USA, die Schwankungsbreite liegt bei drei Prozent. Die Umfrage wird zudem von einer ähnlichen Erhebung aus dem Jahr 2019 des Instituts PPP bestätigt (.pdf).

Trotz alledem gilt es vorerst als relativ unwahrscheinlich, dass Trump tatsächlich jemanden erschießt. Rechtlich würde auch das seinen politischen Ambitionen keinen Abbruch tun: So wie im Fall aller anderen gegen ihn laufenden Prozesse könnte Trump auch als Angeklagter oder, im absoluten Extremfall, als verurteilter Mörder zum Präsidenten gewählt werden. Als verfassungsrechtlich heikel gilt die Frage seiner Angelobung: Diese muss am 20. Jänner stattfinden, Ort ist gewöhnlich Washington, D.C. Sollte Trump versuchen, trotz Haft zu seiner Angelobung zu erscheinen, würde das vermutlich eine Konfrontation zwischen Gefängnispersonal und Secret Service auslösen. (mesc, 19.3.2024)