Chefin mit Kollegen im Büro
Während in Aufsichtsgremien durch eine Quote der Frauenanteil auf 30 Prozent wuchs, blieb der Anteil der Frauen in Vorständen gering.
Getty Images/iStockphoto

Warum ist der Weg zu Geschlechterparität in operativen Führungsgremien noch so weit? Die Antworten sind komplex und mehrdeutig. Eindeutig ist der Status quo: Nur knapp über 22 Prozent beträgt der Frauenanteil laut European Institute for Gender Equality in den Vorständen von Europas größten börsennotierten Unternehmen. Knapp zwölf Prozent beträgt der Frauenanteil in den 20 operativen Führungsgremien des Leitindex ATX in Wien.

In den nach Marktkapitalisierung 50 größten Unternehmen an der heimischen Börse haben 26 rein männliche Vorstandsgremien. Wo es Vorständinnen gibt, beträgt die Vergütungslücke zwischen Männern und Frauen allerdings rund 25 Prozent. Das liege, so die Strategieberatung Boston Consulting Group (BCG), einerseits an der deutlich kürzeren Verweildauer von Frauen in diesen Gremien (sie erhalten dann mittelfristige Bonuszahlungen nicht) und andererseits daran, dass, wenn Frauen im Vorstand sind, sie nicht den (höher dotierten) Vorsitz haben.

Die immer noch rein männlich besetzten Vorstände machen zudem deutlich: Irgendwo in den Unternehmenskulturen hakt es offenbar nachhaltig. Die Quotenvorschrift für Aufsichtsräte hat zwar zum gewünschten Erfolg von um die 30 Prozent Frauen in diesen Gremien geführt, aber offenbar keinerlei "Spillover-Effekte" auf den operativen Bereich gezeitigt. Weil Frauen nicht ausreichend in Ausschüssen vertreten sind respektive diese (Nominierungsausschuss) nicht leiten, könnte vermutet werden.

Weniger bei Börsennotierten

Wie sieht es abseits der Börsenliga aus? Laut aktuellen Daten der Wirtschaftsprüfung Grant Thornton von KMUs in 28 Ländern werden hier die weiblichen CEOs sogar deutlich weniger – nur mehr 19 Prozent im Vergleich zu 28 Prozent im Vorjahr. "Öffentlicher Druck, Betreuungsaufgaben und das Gefühl, sich in diesen Rollen wie Männer verhalten zu müssen", werden als Gründe für den CEO-Schwund genannt. Vor allem Letzteres lässt sich wohl auch in der Liga der Börsennotierten als Grund für frühes Ausscheiden vermuten.

Werden die nun geltenden verschärften Berichts- und Prüfpflichten, die auch Diversität beinhalten (CSRD), Bewegung bringen? Wird die bis Mitte 2026 verlangte Umsetzung der EU-Richtlinie zur Pflichtquote für große Börsennotierte (mindestens 40 Prozent der Aufsichtsposten oder 33 Prozent aller Top-Führungsposten für Frauen) schnell große Veränderung bringen?

Für Simone Hudelist, Diversitätsexpertin der Arbeiterkammer, ist klar: Nur eine explizite Quote für den operativen Top-Bereich kann mehr Genderdiversität in die Top-Führungsgremien bringen. Und es brauche, so Hudelist, die gesetzliche Möglichkeit einer haftungsfreien Mandatspause (für Karenzen) sowie eine verpflichtende Koppelung der Kennzahlen für den Bonus auch an Diversitätsparameter. Doch auch noch weitere genaue Aktionen können Unternehmen setzen.

Drei Handlungsfelder

1. Freiwillige Verpflichtung: Einige Unternehmen arbeiten seit Jahren freiwillig an internen Frauenquoten, stellen ihr Recruiting, ihre Texte für Jobausschreibungen, interne Förderprogramme, Arbeitszeiten und Teamzusammensetzungen darauf ab, haben Mentoring etabliert, ermöglichen interne Frauennetzwerke, etablieren Ziele und evaluieren Fortschritte. Ein Beispiel ist die Oberbank, die bis 2030 rund 40 Prozent weibliche Führungskräfte will. Aktuell hat sie ein Stufenplan auf 28 Prozent gehievt.

2. Arbeit an der Unternehmenskultur: Diversität ist ebenso eine Frage glaubwürdiger Einforderung des Top-Managements wie eine der Unternehmenskultur und der Sanktionen für Macho-Verhalten, Herabwürdigungen oder strukturelle Hierarchisierung der Geschlechter.

3. Gesetze und Pflichten: Die seit heuer schrittweise ausgeweiteten Reportingpflichten in Bezug auf die nichtfinanziellen Gebarungen in Sachen Umwelt und Soziales (Corporate Sustainability Reporting Directive, kurz CSRD) bringen jedenfalls Transparenz, und es ist nicht mehr so leicht möglich, sich der Verpflichtung zur Geschlechterdiversität lediglich via Erklärung zu entledigen. Mitte 2026 muss Österreich auch die EU-Richtlinie zur Geschlechterparität umgesetzt und mit Sanktionen versehen haben. Entweder sind dann die Aufsichtsräte der großen Börsennotierten zu 40 Prozent mit dem unter­repräsentierten Geschlecht zu besetzen oder ein Drittel der Top-Gremien. Aus dem Justizministerium heißt es dazu auf Anfrage des STANDARD, die Umsetzung sei "in Arbeit". (Karin Bauer, 26.3.2024)