Edstadler ÖVP Medien
Will ein "Zitierverbot": Ministerin Karoline Edtstadler (ÖVP).
Foto: APA / Georg Hochmuth

Die ÖVP leidet seit Jahr und Tag unter dem investigativen Journalismus, der – vollkommen legal – aus Akten und aus Chats zitiert. Wären insbesondere die Chats des ehemaligen Vertrauten von Sebastian Kurz, Thomas Schmid, nicht bekannt geworden, wäre Sebastian Kurz wahrscheinlich bis heute Kanzler. Daher strebt die ÖVP ein sogenanntes Zitierverbot an. Kanzleramtsministerin Karoline Edtstadler ist hier an vorderster Front aktiv.

Nun bietet sich aber die Chance für die ÖVP, dieses Vorhaben (dem die grünen Koalitionspartner äußerst skeptisch gegenüberstehen) durchzusetzen – indem sie es mit einer anderen für Zeitungen überlebenswichtigen juristischen Frage junktimiert. Die Volkspartei sollte dieser Versuchung widerstehen. Sie könnte einerseits endgültig mit der Message-Control-Politik von Sebastian Kurz brechen, die sich als verheerend für den Zustand der politischen Debatte erwiesen und letztlich der ÖVP nichts gebracht hat. Andererseits könnte die ÖVP versuchen, mit der demokratischen Einrichtung eines kritischen Journalismus mentalitär klarzukommen und damit einen Beitrag zu einer besseren österreichischen Demokratie zu leisten. Das würde – in Zeiten demokratiebedrohlicher Tendenzen – am Ende auch der ÖVP helfen.

Ausgehöhltes Redaktionsgeheimnis

Der etwas komplizierte Sachverhalt: Der Verfassungsgerichtshof hat entschieden, dass die generelle Ausnahme der Medien vom Datenschutzrecht doch etwas zu weit geht. Künftig müssen sie im Einzelfall abwägen, ob nicht die Verwendung von Daten bei Recherchen nicht den Rechten betroffener Personen widerspricht. Das Recht auf Datenschutz und das Recht auf Redaktionsgeheimnis kollidieren da. Die Rechtslage muss laut Verfassungsgericht bis Juni saniert, das heißt ein vertretbarer Kompromiss gefunden werden. Die Medien wären auch bereit dazu. Geschieht das nicht, so wäre das Redaktionsgeheimnis dramatisch ausgehöhlt, und professionelle Mediengegner könnten mit massenhaften Anträgen auf Datenherausgabe jede investigative Recherche ersticken.

Dies nutzt die ÖVP aus und will nun die Medien (und den Koalitionspartner) mit einem Junktim in die Zange nehmen – entweder es kommt ein Zitierverbot, oder es gibt keine neue, für Medien verträgliche Regelung des Datenschutzes.

"Sie setzen lieber auf Krawallmedien, die sie glauben mit Inseraten und sonstigen Gunstbeweisen steuern zu können."

Objektiv ist das kein gutes Zeichen. Es gibt natürlich starke Gruppen in der Volkspartei, die von kritischen Medien nichts halten und/oder sich von ihnen verfolgt fühlen. Sie setzen lieber auf Krawallmedien, die sie glauben mit Inseraten und sonstigen Gunstbeweisen steuern zu können. Diese Mentalität steht auch hinter Bestrebungen, kritische Geister im ORF administrativ unter Kontrolle zu bringen.

Die ÖVP sollte aber bedenken, dass es da noch eine andere, demokratisch höchst bedenkliche Partei gibt, die noch weiter geht und kritische Medien am liebsten vernichten würde. Die FPÖ hat sich einerseits eine eigene, rechtsextreme Gegenöffentlichkeit aufgebaut und würde andererseits im Falle einer Machtübernahme die völlige Zerstörung des demokratischen, liberalen, unabhängigen kritischen Journalismus mit voller Wucht anstreben. Eine solche Zerstörung würde alle anderen Parteien, auch die ÖVP, der Willkür der FPÖ ausliefern. Ist es das, was die Volkspartei will? (Hans Rauscher, 23.3.2024)