Eine Frau zeigt in Dakar ihre Unterstützung für Amadou Ba: Dieser gehört wie der bisherige Präsident Macky Sall der Regierungspartei an.
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Auf dem Spiel steht eine der stolzesten Erfolgsgeschichten auf dem afrikanischen Kontinent: Senegals Demokratie. 64 Jahre ohne Putsch in westafrikanischer Nachbarschaft, die mehr Militärumstürze erlebt hat als jede andere Region der Welt. Dazu der friedliche Übergang vom sozialistischen Einparteienstaat zur Mehrparteiensystem mit mehreren friedlichen Machtwechseln. Der politische Frieden ist Teil der Identität im Senegal, das seine Bürger und Bürgerinnen "Land of Teranga" nennen. Die Nation der Gastfreundschaft.

All das wackelte doch erheblich, als Präsident Macky Sall die für Februar geplanten Wahlen um zehn Monate auf Dezember verschoben hatte. Nun finden sie doch schon am Sonntag statt. Sall hatte nach tödlichen Protesten eingelenkt, was man wohl als Versuch werten kann, nicht als jemand in die Geschichte einzugehen, der um jeden Preis eine verfassungswidrige dritte Amtszeit durchdrücken wollte. Sondern als einer, der vorrangig für eine durchaus erfolgreiche Ära mit durchschnittlich fünf Prozent jährlichem Wirtschaftswachstum in Erinnerung bleiben will.

Antiwestliche Parolen

Die Wahrung der Identität von Land und Amtsinhaber aber bleibt ein gewagtes Unterfangen. Erst am 14. März wurden die beiden inhaftierten Oppositionspolitiker Ousmane Sonko und Bassirou Diomaye Faye aus dem Gefängnis entlassen. Das Parlament hatte ein Amnestieprogramm durch den Gesetzgebungsprozess gepeitscht, um Gewalt beim Urnengang zu vermeiden. Der bei jungen Wählern extrem populäre Sonko war wegen Volksverhetzung seit knapp einem Jahr im Gefängnis und darf wegen seiner Verurteilung nicht bei den Wahlen antreten. Dafür wurde dem vergleichsweise unbekannten, aber von Sonko unterstützten Faye die Kandidatur erlaubt. Er hatte ohne Anklage im Gefängnis gesessen.

Bis vor kurzem saßen beide noch im Gefängnis: Oppositionsführer Ousmane Sonko (links) darf nicht antreten, daher macht das Bassirou Diomaye Faye (rechts). Hier werben sie in Cap Skirring um Stimmen.
AFP/MUHAMADOU BITTAYE

Schon jetzt ist klar, dass Sonko bei einem Sieg von Faye als Strippenzieher einer Parteienkoalition mit an den Schaltstellen der Macht sitzen würde. Immer wieder fiel der Politiker – wie Faye ein ehemaliger Steuereintreiber – mit antiwestlichen Parolen auf. Zuletzt kündigte er an, eine eigene Landeswährung gründen zu wollen. Das würde den Ausstieg aus dem CFA-Franc mit sich bringen, der an den Euro gebundenen Währung von acht westafrikanischen Ländern. Ein Vorhaben, das laut Ökonomen hochgradig riskant für Senegals Wirtschaft wäre.

Gegen das Establishment

Faye inszeniert sich wie Sonko als Kandidat gegen das Establishment. Öffentlich wetterte er gegen ausländische Unternehmen. Diese haben ihre jährlichen Investitionen im Senegal im Laufe von Salls Präsidentschaft verachtfacht, Faye aber hat die Neuverhandlung von Verträgen im Bergbau- und Energiesektor angekündigt. Und ihm werden gute Chancen eingeräumt gegen den amtierenden Kandidaten der Regierungskoalition, Amadou Ba.

Der ehemalige Premierminister wird von Sall unterstützt, zuletzt gab es auch Gerüchte, dass Ba bei einer möglichen Stichwahl auch auf die Stimmen von Gegenkandidat Karim Wade zählen könnte. Er ist der Sohn von Salls Vorgänger als Präsident, Abdoulaye Wade, der sich einst ebenfalls nur sehr widerwillig von der Idee einer dritten Amtszeit abbringen ließ. So ganz neu sind Senegals Bedrohungen der Demokratie also nicht.

Macky Sall tritt nicht mehr an.
AP/Sylvain Cherkaoui

Ba wird von den ausländischen Investoren im Land favorisiert. Zu den Interessenten für die beachtlichen Gasvorkommen vor Senegals Küste zählt unter anderem Deutschland. Die Hoffnung so mancher Wähler, von den Einnahmen zu profitieren, könnte allerdings enttäuscht werden: Die Förderung schafft erfahrungsgemäß nur wenige lokale Arbeitsplätze. Jeder dritte der 17 Millionen Senegalesen lebt unterhalb der Armutsgrenze. (Christian Putsch aus Kapstadt, 24.3.2024)