Hat da jemand etwas gesagt von einem Wohnungsproblem? Über mangelnden sozialen Wohnbau geklagt? Leistbares Wohnen gefordert? "In deinem Land mag das ein Problem sein, edler Fremdling, aber bei uns in Salzburg …" Einige Tage nach der Salzburger Gemeinderatswahl, bei der Wilfried Haslauer seine jüngste Niederlage (minus 7,6 Prozent) einstecken musste und die ÖVP zahlreiche Bürgermeistersessel verlor, will er uns glauben machen, dass das heiß diskutierte Problem überteuerter Mieten (Salzburg auf Platz eins in Österreich) gar nicht existiert.

Im Sender Puls 24 erklärt er den Sachverhalt so: Hätte man in Salzburg eine Wohnungsnot, dann würden in der Stadt Obdachlose herumliegen. Sieht da vielleicht jemand einen Obdachlosen am Mozartplatz? In der Chiemseehofgasse? Oder wurden sie zum Schutze des Stadtbildes von der Polizei frühmorgens von ihren Schlafplätzen verscheucht?

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Für die ÖVP läuft es in Salzburg nicht gut: Landeshauptmann Wilfried Haslauer.
Foto: APA / Barbara Gindl

Kinderarmut im Land Salzburg? Auch da winkt Haslauer ab. Nicht bei uns, da gebe es eine sehr niedrige Quote. Zu dem Thema hatte im Juli 2023 unser Bundeskanzler in Hallein schon eine bemerkenswerte Vision: Wenn Kinder kein Geld für ein warmes Essen haben, dann können sie ja zu McDonald's gehen, für 1,40 Euro gibt's dort einen Hamburger. O-Ton: "Nicht gesund, aber billig." Die Halleiner Bürger haben die Anregung nicht vergessen und der ÖVP in der zweitgrößten Stadt des Bundeslandes mehr als 20 Prozent der Stimmen entzogen.

Klar, wer gibt schon gerne zu, dass er in Serie verliert? Denn schon bei der Salzburger Landtagswahl 2023 hat die ÖVP ebenfalls 7,4 Prozent der Stimmen verloren. Nur rund ein Fünftel der Wahlberechtigten wählte damals ÖVP.

Unmut wächst

Inzwischen ist der Unmut in den eigenen Reihen gewachsen, was den Landeshauptmann nicht daran hindert, weiter wie ein Fürsterzbischof im großen Stil zu agieren: Nie einen Fehler zugeben, alles abstreiten, sich an nichts erinnern! In Salzburg habe bloß der Messias gefehlt, schuld sei der KE, der mangelnde "Kurz-Effekt", erklärt uns der Landeshauptmann in Ö1. Er hat vergessen, dass der Ex-Kanzler erstinstanzlich (nicht rechtskräftig) verurteilt ist, dass in nächsten Verfahren wegen Inseratenkorruption und Fälschung von Wahlumfragen weitere Anklagen zu erwarten sind, er hat vergessen, dass es Sebastian Kurz war, der Herbert Kickl damals zum Innenminister gemacht hat.

Der ehemalige niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll rief im Mai des vergangenen Jahres das Ende des Kurz-Systems aus – und erntete wütenden Widerspruch. Dabei hatte er recht: Der vielfach beschädigte Ex-Kanzler beschädigt die Partei, quasi ein NKE (Negativer Kurz-Effekt). Wie weltfremd muss man eigentlich sein, fragt man sich, wenn sich manche immer noch nach jenem Augenblick sehnen, da sich die versammelten Gottsöbersten der ÖVP vor Sebastian auf den Bauch geschmissen haben und dem staatlich anerkannten Hochstapler alle Macht im Himmel und auf Erden übertragen wollten?

Zwei FPÖs

Bizarr sind auch Haslauers Legitimationsversuche für die Koalition mit den Rechten. Wer es bisher noch nicht weiß: Es gibt nämlich zwei FPÖs, eine Kickl-FPÖ (böse) und eine Svazek-FPÖ (gut). Da tun sich Fragen auf: Welche von den beiden war es, die der Caritas "Profitgier" vorwarf? Die Christian Konrad einen "Rotzbuben" genannt hat? Und was sagte, im August 2023, die gute FPÖ zum skandalösen Video der freiheitlichen Jugend? Weiß das jemand? Und wenn rechtsextreme Freunde in das EU-Parlament nach Straßburg gelotst werden, hat das jetzt die brave Svazek-FPÖ organisiert, oder taten dies die bösen Mannen Kickls? Gibt es vielleicht doch im Umkreis von Marlene Svazek Menschen, die man auf Demos der Identitären sieht? Leute, die womöglich böse (rechtsextreme) Zeichen mit der Hand machen?

Das sind nur ein paar Beispiele dafür, wie sich der Salzburger Landeshauptmann die Welt erklärt. Make türkis great again, sagt er und versucht, kurz vor dem nächsten Absturz, noch so viel Macht zu greifen wie möglich. Gelingt nicht immer, wie das am Beispiel der Universität Salzburg zu erleben war, wo der Landeshauptmann gemeinsam mit einer Clique von Cartellverbands-Brüdern versucht haben soll, die Gremien von Senat und Universitätsrat, denen Vorschlag und Wahl der Uni-Leitung obliegt, auszutricksen. Aber die Universität gehört halt nicht der ÖVP, sondern der Forschung.

So könnte es kommen

Wer da weiterdenkt, könnte sich noch wundern, was alles möglich ist. Vielleicht wird Karoline Edtstadler eines Tages Landeshauptfrau. Vielleicht ist Svazek dann Bundeskanzlerin – endlich eine Frau! Wolfgang Sobotka, talentierter Dirigent, erhebt sich nun doch von seinem Parlamentssesselchen und wird Präsident der Salzburger Festspiele, so viel scheint fix. Für die Intendanz des Festivals, es pfeifen die Spatzen von den Dächern, konnte der durch seine straffen, strammen FPÖ-Kulturkonzepte aufgefallene Dominik Kamper, Pressesprecher und Büroleiter-Stellvertreter von Svazek, gewonnen werden.

So könnte es kommen. Vielleicht also hatte Karl Nehammer recht, als er im Juli 2022 sagte: "Wenn wir jetzt so weitermachen, gibt es für euch nur zwei Entscheidungen nachher: Alkohol oder Psychopharmaka." (Klemens Renoldner, 24.3.2024)