Gleichberechtigung in Österreich? Klar, das ist einer "unserer" Werte. So einfach wird es zumindest in der "Leitkultur"-Kampagne der ÖVP dargestellt. Gleichberechtigung ist das zentrale Argument für Susanne Raab (ÖVP), warum wir über eine "österreichische Identität" sprechen müssten. Denn mit dieser hätten Burschen, die Lehrerinnen keinen Respekt zollen, oder Männer, die sich von einer Ärztin nicht behandeln lassen, nichts zu tun, lauten die genannten Beispiele von Raab.

Gleichberechtigung ist das zentrale Argument für Susanne Raab (ÖVP), warum wir über eine "österreichische Identität" sprechen müssten.
APA/EVA MANHART

Sehr traditonell

Doch der Blick über den Tellerrand solch plakativer Beispiele zeigt, dass hier der Kampf gegen Diskriminierung für eine spalterische Kampagne instrumentalisiert wird. Die ÖVP kann sich kontinuierliches gleichstellungspolitisches Engagement nicht auf die Fahnen heften. Österreich zählt im EU-Vergleich zu den Ländern mit dem größten Gender-Pay-Gap, nur zwei von zehn Vätern gehen in Österreich in Karenz, Frauen bekommen 40 Prozent weniger Pension.

Nur eine Frau

Bei den Geschlechterrollen ist Österreich also traditionell – weshalb die Kampagne übrigens auch mit dem Slogan "Tradition statt Multikulti" beworben wird. Doch progressive Geschlechterpolitik steht mit Tradition ebenso im Widerspruch wie der Umstand, dass unter den bisher bekannten Fachleuten für die Gesprächsreihe über "österreichische Werte" nur eine Frau ist – und die positioniert sich gegen eine Liberalisierung von Schwangerschaftsabbrüchen. Nein, Gleichberechtigung ist in Österreich keine Selbstverständlichkeit. (Beate Hausbichler, 1.4.2024)