Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) und Justizministerin Alma Zadić (Grüne)
Justizministerin Alma Zadić (Grüne) will beim Spionageparagrafen nachschärfen. Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) ist grundsätzlich dafür.
APA/GEORG HOCHMUTH

Spionage soll in Österreich in Zukunft öfter strafbar sein, als es derzeit der Fall ist. Justizministerin Alma Zadić (Grüne) kündigte am Donnerstag einen entsprechenden Gesetzesentwurf an. Spionage von ausländischen Nachrichtendiensten hierzulande soll demnach künftig nicht nur dann strafbar sein, wenn sie sich gegen österreichische Interessen richtet, sondern auch, wenn andere Staaten oder internationale Organisationen ausgekundschaftet werden, hieß es aus dem Justizministerium gegenüber der APA. Gesetzliche Lücken hätten es ausländischen Nachrichtendiensten bislang ermöglicht, straffrei in Österreich zu spionieren. "Diese Lücken müssen wir schließen", sagte Zadić weiter im Ö1-"Morgenjournal". Ein entsprechender Entwurf sei bereits in Ausarbeitung und werde dann der ÖVP übermittelt.

Derzeit bestimmt der Paragraf 256 des Strafgesetzbuchs, dass "wer zum Nachteil der Republik Österreich einen geheimen Nachrichtendienst einrichtet oder betreibt oder einen solchen Nachrichtendienst wie immer unterstützt, mit Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren zu bestrafen ist" (Details siehe Wissenskasten unten). Diese Regelung steht schon seit längerem in der Kritik. Nun will die Politik offenbar handeln, weil derzeit der Fall rund um den früheren Verfassungsschützer Egisto Ott für Aufregung sorgt, der defekte Smartphones dreier Spitzenbeamter aus dem Innenministerium gestohlen und an russische Spione verkauft haben soll. Er sitzt seit vergangener Woche in U-Haft. Es gilt die Unschuldsvermutung.

ÖVP will Messengerdienste abhören

Vom Koalitionspartner ÖVP kommt grundsätzlich Unterstützung. Er halte es für notwendig, dass es da Verschärfungen gebe, sagte Innenminister Gerhard Karner (ÖVP) zu Ö1. Karner will aber, dass die Behörden auch Telefonate abhören können, die über Messengerdienste erfolgen – etwas, das die Grünen bisher immer ablehnten. "Da brauchen wir einen internationalen Standard, der auch klar sagt, dass auch sogenannte Messengerdienste von der Polizei nach richterlicher Anordnung überwacht werden können", sagte Karner. Er wolle zwar nicht von einem Junktim sprechen, aber ein Gesamtpaket sei das Ziel. Auch die Oppositionsparteien sind für eine Verschärfung des Spionageparagrafen.

Ähnlich wie Karner klang ÖVP-Generalsekretär Christian Stockers Stellungnahme zu dem Thema bei einer Pressekonferenz am Donnerstag: Er sei zwar für eine Verschärfung des Spionagegesetzes, es brauche aber auch eine rechtskonforme Ausweitung der Überwachungsmöglichkeiten. "Man kann neue Sachverhalte unter Strafe stellen, aber es nützt uns gar nichts, wenn wir Tatbestände haben, die wir nicht ermitteln können", sagte Stocker. Andere Staaten hätten deutlich mehr Möglichkeiten, und man sei auf deren Informationen angewiesen. Das sei ein unhaltbarer Zustand. Er will Vorgänge rund um die Causa Ott und mögliche Verbindungen zu Politikern der FPÖ beim U-Ausschuss zum "rot-blauen Machtmissbrauch" thematisieren. Auch angebliche Kontakte Otts zu Vertretern anderer Parteien thematisierte Stocker.

Dass die ÖVP eine Verschärfung des Spionageparagrafen mit der Ausweitung von Überwachungsmöglichkeiten verquicken möchte, kommentiert man seitens des Justizministeriums mit den Worten, dass man sich darauf konzentriere, die bestehende strafrechtliche Lücke zu schließen. Das sei das Gebot der Stunde.

Internationale Organisationen schützen

In Wien haben zahlreiche internationale Organisationen wie die Uno, die OSZE und die Opec ihren Sitz, dazu kommen viele diplomatische Vertretungen. Gleichzeitig gilt Österreich aufgrund der derzeitigen Rechtslage als relativ sicherer "Arbeitsort" ausländischer Nachrichten- und Geheimdienste. Strafbar ist derzeit hierzulande nur, wer etwa ein österreichisches Ministerium ausspioniert, nicht dagegen jemand, der dies bei der Uno tut. Eine Ausnahme gibt es nur für militärische Nachrichtendienste – diese sind generell verboten. Allerdings definiert sich nicht einmal der russische FSB als ein solcher.

"Österreich wird vorgeworfen, seit vielen Jahrzehnten gewissermaßen eine Insel der Seligen für Geheim- und Nachrichtendienste aus aller Welt zu sein. Deswegen müssen wir hier strafrechtlich nachschärfen", erklärt Zadić in einer der APA übermittelten Stellungnahme. "Daher wollen wir den Spionageparagrafen ausweiten, damit in Zukunft unsere Strafverfolgungsbehörden auch dann gegen ausländische Spione vorgehen können, wenn diese zwar nicht Österreich selbst im Visier haben, aber hier ansässige internationale Organisationen wie etwa die Uno oder befreundete Staaten." (APA, spri, 4.4.2024)