Musk gibt, Musk nimmt. In diesem Fall geht es einmal mehr um die blauen Hakerln auf X, vormals Twitter.
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Es ist schon wieder etwas passiert in der Welt von X, vormals Twitter, und einmal mehr ist es das mittlerweile recht undurchsichtige Verifizierungssystem, das für einige Verwunderung sorgt. Am Donnerstag wunderten sich zahlreiche Inhaber mittlerer und größerer Accounts, dass sie plötzlich einen blauen Haken neben ihrem Profil hatten. Früher wurde damit die Identität der Konten von Politikerinnen und Politikern sowie von Prominenten bestätigt. Unter Elon Musk wurde der blaue Haken zum Premiumabo, für acht Dollar konnte man sich verifizieren lassen, ob dahinter tatsächlich die im Profil genannte Person steckte, war sekundär. Das alte System mit echten Identitätsnachweisen hielt Musk wörtlich für "korrupt". Jetzt wurden viele Accounts wieder mit dem blauen Haken ausgestattet, aber ohne dafür bezahlen zu müssen.

Nicht alle sind erfreut

Elon Musk selbst versuchte zu erklären, wie das neue System funktioniert: Alle Menschen mit X-Konto, die mehr als 2.500 verifizierte Abonnenten haben, bekommen Zugang zu den Premiumfunktionen. Wer mehr als 5.000 Follower hat, bekommt Premium+ und damit Zugriff auf den Chatbot namens Grok. Musk ließ aber dann doch noch einige Fragen offen: Wer genau mit den verifizierten Nutzern gemeint ist. Ob es sich dabei um zahlende Kundschaft handelt, oder auch um solche, die den blauen Haken gratis bekommen haben, ist unklar.

"Als ein einflussreiches Mitglied der Gemeinschaft auf X haben wir dir eine kostenlose Mitgliedschaft bei X Premium gegeben", lautet die Benachrichtigung mit der vermeintlich frohen Kunde. Aber nicht alle der "einflussreichen" Nutzerinnen und Nutzer sind ob Musks großzügigen Gaben besonders erfreut. Viele der Zwangsbeglückten betonen nun reichweitenstark, dass sie nichts getan haben, um den blauen Haken zu erhalten. Die meisten betonen, dass sie kein Geld an die immer umstrittenere Plattform überweisen. "Das ist die Bestrafung, weil ich zu viel gepostet habe", spottet beispielsweise die Korrespondentin von "Business Insider" Katie Notopoulos, wie "Techcrunch" berichtet. Auch der für seine Analysen zum Ukrainekrieg bekannte Professor Phillips O'Brien betonte, dass er nicht für sein blaues Hakerl zahle.

X und die Bezahlplattform

Dass mit dem blauen Haken eine Überprüfung einhergeht, ob es sich um einen "seriösen" Account handelt, ist anzuzweifeln. "Accounts, die das blaue Häkchen im Rahmen eines X-Blue-Abonnements erhalten, werden nicht überprüft, und es wird nicht bestätigt, dass sie die Kriterien in Bezug auf Aktivität, Namhaftigkeit und Authentizität erfüllen, die im früheren Prozess galten", heißt es nach wie vor auf der Supportseite von X.

Vor ziemlich genau einem Jahr kam es schon einmal zu einer ähnlichen Situation. Damals hat Twitter die Verifikationshäkchen bei Accounts mit mehr als einer Million Followern wieder eingeblendet, auch diese Maßnahme stieß nicht auf ungeteilte Zustimmung.

Im September des Vorjahrs hat der Tech-Milliardär in einem Gespräch mit dem israelischen Premierminister Benjamin Netanjahu die Möglichkeit erörtert, die Social-Media-Plattform X zur Gänze hinter einer Bezahlschranke verschwinden zu lassen. Musk behauptet, dass die Einführung einer Gebühr für alle primär dazu dienen solle, Bots und Fake-Accounts von der Plattform zu vertreiben.

Twitter in der Krise

Für 44 Milliarden Dollar hatte Musk die Nachrichtenplattform Twitter im Jahr 2022 gekauft. Seitdem ist der Schätzwert der Plattform um 73 Prozent gefallen. Das hat mehrere Gründe. Zunächst einmal haben sich zahlreiche große Anzeigenkunden aufgrund von Musks teils rassistischen und antisemitischen Aussagen zurückgezogen. Zudem kommt das Geld nicht mehr von Apple oder Disney, sondern von bekennenden Faschisten und Rassisten, wie das Center for Countering Digital Hate festgestellt hat. Musk ging gerichtlich gegen die Untersuchung der NGO vor, seine Klage wurde aber abgewiesen, weil der Richter das Verfahren als klaren Einschüchterungsversuch gegenüber einer Menschenrechtsorganisation wertete.

Elon Musks Verhalten stürzt aber auch den Elektroautobauer Tesla in die Krise. Die potenziellen Käuferinnen und Käufer fühlen sich von Elon Musks Verhalten, nicht nur, aber auch auf seiner Plattform X, abgeschreckt, wie eine aktuelle Studie belegt. (pez, 4.4.2024)