Zusammen mit fünf Tänzerinnen der TQW-Tanzgruppe Parasol tanzt Ahmadzadeh in die Geheimnisse der Zār-Geister.
Zusammen mit fünf Tänzerinnen der TQW-Tanzgruppe Parasol tanzt Ahmadzadeh in die Geheimnisse der Zār-Geister.
Maximilian Pramatarov

Wer sich seltsam fühlt, weil etwas Grantiges in den Körper eingezogen ist, und noch dazu eventuell grünes Zeug spuckt, kann bei bestimmten Glaubensgemeinschaften in Verdacht geraten, vom Leibhaftigen oder einem seiner Dämonen okkupiert worden zu sein. So kennen wir's von William Peter Blattys Buch The Exorcist, aus dem Regisseur William Friedkin 1973 einen Horrorfilm-Erfolg generierte. Sequels folgten, und zum 50-Jahr-Jubiläum kamen gleich zwei neue Austreibungsdramen, von Julius Avery und von David Gordon Green, in die Kinos.

Mit der amerikanischen Faszination für den katholischen Sündenkörperkult hat die aus Iran stammende Wiener Choreografin Ulduz Ahmadzadeh nichts zu tun. In ihrem neuen Stück Zāār, das jetzt im Tanzquartier Wien vorgestellt wird, geht es um eine andere Auslegung von Besessenheit. Der Titel bezieht sich auf den Zār-Kult, der in Persien, aber auch in Somalia oder im Sudan existiert. Dessen einfahrende Geister werden nicht exorziert, sondern – wie es der Filmemacher und Anthropologe Luc de Heusch ausdrückt – "adorziert": besänftigt oder angepasst. Zusammen mit fünf Tänzerinnen der TQW-Tanzgruppe Parasol tanzt Ahmadzadeh in die Geheimnisse der Zār-Geister.

Der entsprechende Kult ist übrigens mit jenem der maghrebinischen Hamadscha-Bruderschaft verwandt. Und dieser steht im Zentrum eines Stücks von Taoufiq Izeddiou, das vor kurzem beim Osterfestival Tirol zu sehen war. Beide, Ahmadzadeh und Izeddiou, erweitern westliche Spekulationen mit der Besessenheit, wie sie beispielsweise in Ole Bornedahls Film The Possession (2012) oder in Possession (1981) von Andrzej Żuławski mit der furiosen Isabelle Adjani zelebriert werden. Über den Einfluss von Zār auf die Unterhaltungskultur in islamischen Ländern hat übrigens die Anthropologin Hager El Hadidi erst vor zwei Jahren ein schönes Buch publiziert: Zar. Spirit Possession, Music, and Healing Traditions in Egypt. (Helmut Ploebest, 4.4.2024)