Peter Pellegrini (Mitte) kann in der Slowakei über einen klaren Wahlsieg jubeln – flankiert von Premier Robert Fico (rechts) und Ex-Präsident Ivan Gašparovič (links).
Peter Pellegrini (Mitte) kann in der Slowakei über einen klaren Wahlsieg jubeln – flankiert von Premier Robert Fico (rechts) und Ex-Präsident Ivan Gašparovič (links).
IMAGO/Tomas Tkacik

So turbulent und überraschend die Wahl verlaufen ist, so klar war am Ende ihr Ergebnis: Neues Staatsoberhaupt im EU- und Nato-Mitgliedsland Slowakei wird Ex-Premier Peter Pellegrini, derzeit Parlamentspräsident und Chef der Linkspartei Hlas (Stimme), der als Kandidat der linksnationalen Regierung ins Rennen gegangen war.

Bei der Stichwahl am Samstag konnte sich Pellegrini mit 53,1 Prozent deutlich von seinem Kontrahenten Ivan Korčok absetzen. Der parteilose Diplomat und Ex-Außenminister galt als Kandidat der bürgerlich-liberalen Opposition und erhielt nur 46,9 Prozent der Stimmen. Die Wahlbeteiligung war mit über 61 Prozent für slowakische Verhältnisse ungewöhnlich hoch.

Ergebnis gedreht

Überraschend war das Ergebnis vor allem deshalb, weil Korčok den ersten Wahlgang vor zwei Wochen mit fast ähnlich großem Abstand für sich entschieden hatte: 42,5 Prozent für Korčok und 37 für Pellegrini, so lautete die Bilanz damals. Eine Schlüsselrolle dürften bei der Stichwahl die Wählerinnen und Wähler des Rechts-außen-Kandidaten Štefan Harabin gespielt haben, der in der erste Runde mit 11,7 Prozent auf Platz drei kam. Harabin tritt klar Russland-freundlich auf und gilt vor allem unter Liberalen als Anti-System-Politiker.

Genutzt hat Pellegrini aber laut Beobachtern auch die offene Unterstützung durch Krisztián Forró, einen Kandidaten der ungarischen Minderheit, der mit knapp drei Prozent immerhin Vierter im ersten Wahlgang war. Manche sprechen gar von einer Unterstützung durch Ungarn selbst: So hat Pellegrini etwa kurz vor der Wahl, als in der Slowakei bereits ein Wahlkampfmoratorium herrschte, dem ungarischen Fernsehen ein ausführliches und vielbeachtetes Interview gegeben.

Freibrief für Fico

Der Ausgang der Wahl gilt auch als Triumph für den linksnationalen Premier Robert Fico, der bei der Siegesrede Pellegrinis an dessen Seite stand und mit seiner Nähe zum rechtspopulistischen ungarischen Regierungschef Viktor Orbán, vor allem in der Russland- und in der Migrationspolitik, nicht hinterm Berg hält. Fico ist Chef der größten Regierungspartei namens Smer (Richtung), von der sich Pellegrini 2020 losgesagt hatte, um seine eigene, liberaler auftretende, Linkspartei Hlas zu gründen.

Zwar gilt das persönliche Verhältnis der beiden Männer nach wie vor als angeknackst, doch politisch schien ihre Welt am Wahlabend längst wieder in Ordnung zu sein: Ihre beiden Parteien hatten bereits nach der Parlamentswahl im vergangenen Herbst mit der rechtspopulistischen Slowakischen Nationalpartei (SNS) eine Dreierkoalition gebildet. Seither ist Fico zum vierten Mal Premierminister. Nach Bekanntwerden des Ergebnisses schloss er sich der allgemeinen Einschätzung an, die Präsidentschaftswahl sei auch ein Plebiszit über seine Regierung gewesen.

Auf diese Art reklamierte Fico seinen Anteil an Pellegrinis Sieg für sich. Pellegrini wiederum erklärte zwar am Sonntag, dass er die Mitgliedschaft in seiner Partei nun zurücklegt, ließ aber keinen Zweifel daran, dass er Ficos Regierung als Präsident keine Steine in den Weg legen wird.

Regierung auf "Friedenskurs"

Das wurde auch als Signal an die Gegner der von Fico eigeleiteten Justizreform verstanden, die unter anderem eine Herabsetzung der Strafen für Wirtschaftsverbrechen vorsieht. Die scheidende liberale Präsidentin Zuzana Čaputová, die nicht mehr antreten wollte, hatte das Verfassungsgericht angerufen und so Teile der Reform zumindest gebremst. Ähnliche Schritte Pellegrinis, der Mitte Juni sein Amt antritt, braucht Fico offenbar nicht zu fürchten.

Dass sich seine Treue zum Premier auch auf die Außenpolitik erstreckt, bekräftigte Pellegrini ebenfalls noch am Wahlabend. Zwar hat auch er immer wieder die Verankerung der Slowakei in EU und Nato betont, doch mit Blick auf den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine erklärte er, er werde "alles dafür tun, damit die Slowakei weiter auf der Seite des Friedens steht, und nicht auf der Seite des Kriegs". Fico hatte zuvor die staatliche Militärhilfe für Kiew eingestellt und bereits im Parlamentswahlkampf im Herbst lautstark pro-russische Positionen vertreten.

Der unterlegene bürgerlich-liberale Kandidat, Ex-Außenminister Ivan Korčok, zeigte sich enttäuscht und verbittert.
Der unterlegene bürgerlich-liberale Kandidat, Ex-Außenminister Ivan Korčok, zeigte sich enttäuscht und verbittert.
IMAGO/Ondrej Deml

Dass damit offenbar auch nun Stimmen gewonnen wurden, beklagte der unterlegene Ivan Korčok in seiner ungewöhnlich emotionalen Rede am Wahlabend bitter: Er gratulierte zwar dem Sieger, hielt sich aber nicht lange mit dem Pflichtprogramm auf: Der Ex-Außenminister, der unter anderem Botschafter in den USA und Deutschland sowie Ständiger Vertreter bei der EU war, erhob schwere Vorwürfe gegen Pellegrini und dessen Team. Sie hätten aus ihm, der sich mit der von Russland angegriffenen Ukraine solidarisch zeigt, einen "Kandidaten des Kriegs" gemacht. (Gerald Schubert, 7.4.2024)