Wiens neue Elektrolyseanlage erzeugt Wasserstoff aus erneuerbarem Strom.
APA/ROLAND SCHLAGER

In Simmering eröffnet Wien Energie gemeinsam mit den Wiener Netzen am Montag die erste große Produktionsanlage für grünen Wasserstoff. Wie die Farbe Grün suggeriert, handelt es sich hier um Wasserstoff erzeugt aus erneuerbaren Energiequellen. "Ein Meilenstein" auf dem Weg zu einem bis 2040 klimaneutralen Wien, wie Finanz- und Wirtschaftsstadtrat Peter Hanke (SPÖ) findet. Insgesamt beliefen sich die Investitionskosten dabei auf rund zehn Millionen Euro.

Elektrolyse produziert grünen Wasserstoff

Das Wundermolekül entsteht in seiner grünen Variante durch Elektrolyse. Dabei wird Wasser mit Ökostrom zu Wasserstoff und Sauerstoff gespalten. Der Gesamtwirkungsgrad der Elektrolyse beläuft sich auf rund 6o Prozent. Das ist der Anteil an zugeführter Energie, der im Wasserstoff gespeichert ist. Der erzeugte Wasserstoff wandert daraufhin in einen Kompressor. Dieser überführt ihn bei hohen Drücken in eine speicherfähige Form. Anschließend landet das farb- und geruchslose Gas in sogenannten Tubes – Tanks aus Stahl oder Kohlefasern. Industrieunternehmen können es in dieser Form nutzen. Zusätzlich arbeiten die Wiener Netze am Einspeisen in das Gasnetz.

Gaskartuschen, im Fachjargon Tubes genannt, speichern das grüne Gas.
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Die Anlage produziert täglich bis zu 1.300 Kilogramm Wasserstoff. Damit können bis zu 60 Busse und Lkws betrieben werden. Insgesamt benötigt sie dafür drei Megawatt Ökostrom. Allgemein eignet sich Wasserstoff insbesondere für schwere Fahrzeuge. Diese sind schwierig zu elektrifizieren, da sie große Batterien benötigen würden.

Direkt neben der Erzeugungsanlage entstand zugleich auch eine Wasserstofftankstelle. Es ist bereits die zweite in Wien. Auch in Leopoldau strömt grüner Wasserstoff aus dem Zapfhahn – allerdings bisher importierter. In Zukunft soll auch dieser aus der neuen Anlage stammen. An beiden Orten können Fahrzeuge in zwei Druckstufen – 350 und 700 bar – tanken. Sie eignen sich damit für verschiedene Lkw- und Busmodelle.

Zeitgleich mit der Produktionsanlage eröffnet nebenan eine neue Wasserstofftankstelle. Hier sollen auch Wiener-Linien-Fahrzeuge tanken. Ein Bus verbraucht rund sieben Kilogramm Wasserstoff pro 100 Kilometer.
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Wiener Linien und Ikea tanken Wasserstoff

Bisherige Abnehmer des grünen Gases sind die Wiener Linien und Ikea. Der Möbelriese plant, bis 2025 alle seine Lieferungen in Österreich emissionsfrei zu abzuwickeln. Bei den Wiener Linien fahren aktuell erst zwei Wasserstoffbusse im Rahmen eines Pilotprojekts. Kommendes Jahr soll eine städtische Buslinie auf den Wasserstoffantrieb umgepolt werden. Dazu erwirbt das Unternehmen zehn Wasserstoffbusse für die Linie 39A – Österreichs erste städtische Buslinie, die mit Wasserstoff fahren soll.

Geplant ist, Wasserstoff nicht nur für die Mobilitätswende einzusetzen. Doch bis auch Kraftwerke damit betrieben werden können, ist es noch ein weiter Weg. Zunächst müssen sich schwer elektrifizierbare Bereiche wie die Stahlindustrie an das grüne Gas anpassen. Und dann wird es noch einige weitere Produktionsanlagen und jede Menge erneuerbaren Strom brauchen, um den notwendigen Bedarf zu decken. (Marie Kermer, 9.4.2024)