Blick auf den Gasspeicher Bierwang in Bayern, der für Wasserstoff adaptiert werden soll.
Bierwang nahe Altötting in Bayern: Dort steht einer von acht Erdgasspeichern, die Uniper als größtem Speicherbetreiber Deutschlands gehören. Seit dem Frühjahr laufen Tests, inwieweit der dortige Porenspeicher auch für Wasserstoff taugt.
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Wasserstoff (H2) gilt als Hebel, wenn es um die Dekarbonisierung großer Industriesektoren wie Stahl oder Chemie geht. Beide und noch einige mehr emittieren Unmengen an klimaschädlichem CO2, was am spezifischen Produktionsprozess liegt, der einen extrem hohen Einsatz an Energie erfordert. Energie, die künftig grün sein soll, wie der aus Wind- und Sonnenenergie gewonnene Wasserstoff auch. Aber nicht nur bei den Produktionszielen für grünen, derzeit noch prohibitiv teuren Wasserstoff klafft zwischen Anspruch und Wirklichkeit eine Lücke. Auch bei den dafür vorgesehenen Speichern ist es nicht anders.

So wird der Bedarf an großvolumigen Speichern bis 2030 auf europaweit 45 Terawattstunden (TWh) geschätzt, die sich bis 2050 (Netto-Null-Szenario) auf knapp 300 TWh erhöhen könnten. Tatsächlich in Vorbereitung sind nach einer Erhebung von "H2eart for Europe", einer vor kurzem gegründeten Initiative europäischer Gasspeicherbetreiber, 9,0 TWh. Die Kosten für die Umrüstung werden auf 18 bis 36 Milliarden Euro geschätzt.

Investitionslücke

In Deutschland ist die Diskrepanz ähnlich groß. Während das vom Grünen Robert Habeck geführte Ministerium für Wirtschaft und Klimaschutz von einem Speicherbedarf in der Größenordnung von 2,0 bis 5,0 TWh ausgeht, summieren sich die in Angriff genommenen Projekte auf gerade einmal eine TWh.

"Man sieht glasklar, dass sich eine enorme Investitionslücke auftut zwischen Plänen und tatsächlichen Projekten", sagte Michael Schmöltzer dem STANDARD. Der Speicherbedarf in Österreich wird bis 2030 auf zwei bis drei TWh geschätzt; eine Zusammenschau an Projekten, die in Angriff genommen worden sind, kenne er, Schmöltzer, nicht.

Michael Schmöltzer, Chef der Österreich-Niederlasssung von Uniper Energy Storage
Michael Schmöltzer leitet die Niederlassung von Uniper Energy Storage in Österreich.
Uniper

Schmöltzer ist Chef der Uniper Energy Storage GesmbH und vertritt die Speicherinteressen des 2016 durch Abspaltung der Stromerzeugung aus Kohle, Gas, Wasserkraft und des globalen Energiehandels von Eon entstandenen deutschen Energiekonzerns in Österreich. Seit Dezember 2022 gehört Uniper zu fast 100 Prozent dem Staat, nachdem ausgebliebene russische Gaslieferungen den Konzern zuvor an den Rand der Insolvenz gebracht hatten. Schmöltzer ist auch Vorsitzender einer Arbeitsgruppe innerhalb der Wasserstoffspeicher-Initiative "H2eart for Europe".

Zum großvolumigen Speichern von Wasserstoff kommen laut Schmöltzer, der früher einmal Leiter der Gasabteilung in der Regulierungsbehörde E-Control war, faktisch nur unterirdische Kavernen oder poröse Gesteinsformationen infrage. Während Österreich ausschließlich Porenspeicher hat, finden sich in Norddeutschland auch Kavernenspeicher, die sich im Gegensatz zu den schwammähnlichen Porenspeichern rasch befüllen und ebenso rasch wieder entleeren lassen.

Zusätzliche Speicher nötig

Derzeit laufen bei diversen Speicherstandorten Tests, inwieweit sie zur Einlagerung von Wasserstoff taugen und wie viel Prozent davon dem Methan beigemischt werden können. In Oberösterreich ist damit das Speicherunternehmen RAG (Renewables and Gas) befasst; in Bierwang nahe Altötting (Bayern) sammelt Uniper seit diesem Frühjahr Erfahrung, ob sich seine Energiespeicher auch für andere Energieträger wie H2 eignen. An einem Faktum kommt man jedenfalls nicht vorbei: "Vom Speichervolumen, das wir jetzt haben, brauchen wir für Wasserstoff eigentlich fünfmal mehr, wenn wir dieselbe Energiemenge einlagern wollen", sagte Schmöltzer. Das lasse nur einen Schluss zu, nämlich dass zusätzliche Speicher entwickelt werden müssten, was zusätzlich Zeit und Geld verschlinge.

Während die Umrüstung bestehender Speicher fünf bis sieben Jahren dauere, seien für die Entwicklung eines neuen Speichers gut und gerne zehn Jahre zu kalkulieren. Umso dringender sei es, dass die politisch Verantwortlichen für attraktive und sichere Rahmenbedingungen sorgen, damit die Bedarfslücken zeitgerecht gefüllt werden. Als praktikables Instrument könnte sich Schmöltzer einen Contract for Difference vorstellen – ein Fördermodell, bei dem positive wie negative Abweichungen von einem festgelegten Referenzpreis an den Vertragspartner ausgezahlt werden. (Günther Strobl, 10.4.2024)