Hier schultern drei Männer alle Rollen - ob sich dieses Bühnengeschehen wirklich
Hier schultern drei Männer alle Rollen – ob sich dieses Bühnengeschehen wirklich "Kindern ab acht Jahren" erschließt?
Herwig Prammer

"Wie schön wäre Wien ohne Wiener", ätzte Georg Kreisler einst. König Hamed hegt ähnliche Fantasien. Sie gelten jedoch nur einer Bevölkerungshälfte: Raus mit den Frauen, zürnt er, nachdem ihm die Gattin mutmaßlich Hörner aufgesetzt hat. Dem Befehl des Wüterichs wird prompt Folge geleistet: Schwups, schon sind die Frauen futsch.

Was wie der Anfang eines mittelprächtigen Witzes klingt, ist der Ausgangspunkt einer Kinderoper: "Hamed und Sherifa", eine orientalische Märchengeschichte aus deutscher Feder (Libretto: Ina Karr, Anselm Dalferth), will Edutainment zum Thema Geschlechterklischees betreiben. Am Beginn dieser Opernstunde bejubeln Machostimmen auf der Bühne die neue Frauenlosigkeit noch mit Dümmlichkeiten wie "Fußball den ganzen Tag!" – doch schon bald graut ihnen vor der Hausarbeit.

Scheitern an "Männlichkeitstests"

Es ist dann natürlich eine beherzte Frau, die mit diesem No-Ma'am-Club und seinen Stereotypen aufräumt. Prinzessin Sherifa schummelt sich in Herrenkleidung ins Land und schließt mit Hamed nicht nur Freundschaft, sondern verdreht ihm regelrecht das gekrönte Haupt. Ein Umstand, der den Sexistenkönig stark irritiert. Ist er vielleicht andersrum? Oder der neue Kumpel doch eine Weibsperson? Auf Anraten der Königsmama wird der Gast etlichen "Männlichkeitstests" unterzogen, etwa in der Disziplin scharfes Speisen – Prüfungen, an denen dann Hamed krachend scheitert.

Das alles könnte Spaß machen, würde sich "Hamed und Sherifa" nicht pädagogisch übernehmen. Nicht nur will der Abend gegen Sexismus angehen, sondern unter anderem auch eine Lanze für Queerness brechen. Hier schultern drei Männer alle Rollen: Ein flötender Counter (Tobias Hechler) mimt den König, ein grubendunkler Bariton (Timothy Connor in einer Art Flokati-Kleid) leiht der Prinzessin seine Stimme, ein honigsüßer Tenor (Johannes Bamberger) singt die Königsmama. Ein ironischer Twist, nur: Ob sich dieses Bühnengeschehen wirklich "Kindern ab acht Jahren" erschließt – noch dazu in einer requisitenarmen Regie (Florian Drexler)?

Hinzu kommt, dass auch die Musik des Libanesen Zad Moultaka einige Konzentration verlangt: Sie setzt zwar auf einen imposanten Fuhrpark an orientalischen Trommeln, aber auch auf dornige Holzbläser-Dissonanzen im Stil der Neuen Musik (Dirigent: Viktor Mitrevski). Kurz: alles in Summe etwas viel. Schlussendlich einhelliger Beifall für eine Kinderoper, über deren Pointen vor allem die Erwachsenen gelacht haben. (Christoph Irrgeher, 9.4.2024)