Viele grüne Autos aus der Vogelperspektive
Chinas Regierung pusht Automobile mit alternativer Antriebstechnik. Ein Blick auf die Produktion von BYD Auto in Xi.
Foto: Imago images / Xinhua / Shao Rui

Die US-amerikanische Besorgnis über die Beihilfen, mit denen China die Hersteller von Elektrofahrzeugen und anderen Cleantech-Gütern unterstützt, waren auch beim jüngsten China-Besuch von US-Finanzministerin Janet Yellen zu vernehmen. Günstige Elektrofahrzeuge aus China sind gut fürs Klima und für die Verbraucherinnen und Verbraucher in aller Welt. Für die Aktionärinnen und Aktionäre und Beschäftigten westlicher Autohersteller sind sie allerdings schlecht. Deshalb überlegen sowohl die USA als auch die Europäische Union, Einfuhrzölle zu erheben. Aber Zölle sind der falsche Weg.

Elektrofahrzeuge sind Autos mit Verbrennermotor klar überlegen. Sie sind unsere beste Hoffnung, um die Personenbeförderung zu dekarbonisieren, ohne den motorisierten Individualverkehr völlig aufgeben zu müssen. Sie können unseren Stromnetzen wichtige Speicherkapazitäten bereitstellen. Dies ist ein wichtiger Baustein auf dem Weg zur Klimaneutralität und verbessert den CO2-Fußabdruck von Elektrofahrzeugen zusätzlich. Schließlich haben auch ihre schnelle Beschleunigung und die ruhige Fahrt zum frühen Erfolg von Tesla und anderen Elektroautos der Luxusklasse beigetragen.

Gut fürs Klima

Dieser Wettbewerbsvorteil der Pioniere ist inzwischen jedoch geschwunden. Tesla hat seit Jänner 30 Prozent seines Marktwerts verloren und Mühe, sich gegen BYD und andere, viel billigere chinesische Wettbewerber zu behaupten. Auch das ist gut fürs Klima. Der staatlichen chinesischen Ölgesellschaft zufolge hat der Ölverbrauch in China im letzten Jahr seinen Gipfel überschritten. Der Grund ist offensichtlich: In China sind heute rund 40 Prozent aller Neufahrzeuge Elektro- oder Hybridautos; damit liegt ihr Anteil doppelt so hoch wie im globalen Mittel.

Einige der angebots- und nachfrageseitigen Beihilfen der chinesischen Regierung für Elektrofahrzeuge sind gerechtfertigt. Manchmal sind sie die beste Option, um positive Erfahrungen durch praktisches Handeln zu internalisieren. Und sie können Herstellern besser als der Markt allein dabei helfen, die Lernkurve hoch- und die Kostenkurve herunterzukommen. Das gilt besonders für Batterien. Das Patentsystem bietet wichtige Anreize für private Innovationen, ist aber alles andere als perfekt. Forschung und Entwicklung haben positive gesellschaftliche Nebenwirkungen und verdienen deshalb die Unterstützung der Steuerzahlenden.

Auch gezielte nachfrageseitige Beihilfen sind gerechtfertigt, wenn sie durch positive praktische Erfahrungen und Netzwerkeffekte die Akzeptanz von Elektrofahrzeugen verbessern. Für diese Effekte soll auch der Bau neuer Ladestationen gezielt gefördert werden.

Verzögerter Umstieg

Der Erfolg chinesischer Elektroautos hat die Autoindustrie im Westen aufgeschreckt. Dabei hat sie ihre Probleme zum Teil selbst verschuldet, indem sie viel zu lange auf riesige Spritschlucker gesetzt und den unvermeidlichen Umstieg auf Elektrofahrzeuge verzögert hat.

Dem immensen Druck der westlichen Autoindustrie nachzugeben und Zölle auf Elektrofahrzeuge einzuführen mag vielleicht in einem Wahljahr politisch klug wirken. Schließlich ist es politisch meist problematisch, die eigenen Bürgerinnen und Bürger zu besteuern, zum Beispiel durch eine CO2-Steuer. Viele Bürgerinnen und Bürger und besonders Menschen, die der Regierung sowieso nicht vertrauen, sehen es lieber, wenn andere "besteuert" werden. Manche Zölle wie das europäische Grenzausgleichssystem lassen sich sehr gut rechtfertigen, weil sie der Auslagerung von CO2-Emissionen entgegenwirken. Für Zölle auf chinesische Elektrofahrzeuge, Solarmodule oder andere für die Klimawende unverzichtbare Produkte gilt das nicht.

Kurzsichtiges Kalkül

Eine viel bessere Idee sind Subventionen für einheimische Hersteller. Diesen Ansatz verfolgen der Inflation Reduction Act und das Bipartisan Infrastructure Law in den USA und gezielte EU-Beihilfen. Manche dieser Subventionen lassen sich ganz einfach als politisch machbare zweitbeste Alternativen zur CO2-Bepreisung rechtfertigen oder auch als Zwischenschritt auf dem Weg zum CO2-Preis.

"Ziel ist eine Airbus-ähnliche Allianz, um die Herstellung von Elektrofahrzeugen in Europa zu fördern."

Im Hinblick auf die Staatsfinanzen sind Zölle womöglich vorzuziehen: Sie generieren Einnahmen für den Staat, wogegen Subventionen Steuergelder verbrauchen. Dieses Kalkül ist allerdings kurzsichtig. Erste Analysen des Inflation Reduction Act zeigen, dass die Beihilfen in Höhe von hunderten Milliarden US-Dollar die Wirtschaftsleistung in den USA und in anderen Ländern kurzfristig und auch noch über zehn Jahre nach dem Konjunkturprogramm steigern.

Europäische Autobauer haben das verstanden und fordern inzwischen statt Zöllen lieber selbst mehr Subventionen. Ihr Ziel ist eine Airbus-ähnliche Allianz, um die Herstellung von Elektrofahrzeugen in Europa zu fördern. Jedes Subventionssystem ist kompliziert und wirft eine Vielzahl von wirtschaftspolitischen und Effizienzfragen auf. Trotzdem sind Beihilfen besser als Zölle.

(K)ein guter Zweck

Die Androhung von Zöllen dient manchmal einem guten Zweck, insbesondere wenn die Zölle wie beim Grenzausgleichssystem der EU für die CO2-Emissionen gehandelter Güter gelten und ausdrücklich das Ziel verfolgen, die CO2-Preise in anderen Ländern zu erhöhen. Da die Produktion in China sehr kohlenstoffintensiv ist, könnten CO2-Zölle allein den US-amerikanischen und insbesondere den europäischen Herstellern von Elektrofahrzeugen reichlich Rückenwind bieten. Strafzölle, die Elektrofahrzeuge teurer machen und den Wettbewerb schwächen, sind allerdings kontraproduktiv. Ein Subventionswettlauf in Kombination mit noch mehr Engagement für die Bepreisung von CO2-Emissionen ist einem Zollkrieg bei weitem vorzuziehen. Er würde die Welt reicher und zugleich sauberer machen. (Gernot Wagner, Shang-Jin Wei, Copyright: Project Syndicate, 10.4.2024)