In Südafrika nennen sie Jacob Zuma längst den Mann mit den neun Leben. Schon vor seiner Präsidentschaft in den Jahren 2009 bis 2018 überstand er, bisweilen vor Gericht, einen Skandal nach dem anderen. Die haarsträubende Korruption während seiner Amtszeit kostete das zunehmend verschuldete Land dann umgerechnet mindestens drei Milliarden Euro.

Jacob Zuma
Kann es auch mit 81 Jahren noch nicht lassen: Jacob Zuma.
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Und auch bei der Aufarbeitung dieser Plünderung kam er glimpflich davon. Vor drei Jahren wurde er zu 15 Monaten Gefängnis verurteilt, weil er vor einer Kommission nicht gegen seine Handlanger aussagen wollte. Ganze drei Monate verbrachte der 81-Jährige letztlich dort. Angebliche medizinische Gründe und schließlich eine Begnadigung verkürzten die Strafe, was die Opposition auf politischen Druck der Regierungspartei African National Congress (ANC) zurückführte.

Doch von seinen einstigen Steigbügelhaltern hat sich Zuma entfernt. Mit seiner neuen Partei Umkhonto we Sizwe (MK) stiehlt er dem ANC nicht nur den Namen seines bewaffneten Flügels während der Zeit des Befreiungskampfes, sondern Umfragen zufolge auch reichlich Stimmen bei den Wahlen am 29. Mai. Eine aktuelle Umfrage der Denkfabrik Social Research Foundation sieht den desolaten ANC nur noch bei 37 Prozent, es wäre ein erdrutschartiger Verlust nach 57 Prozent beim letzten Urnengang im Jahr 2019. Zumas MK-Partei wäre demnach mit 13 Prozent aus dem Nichts die drittgrößte Partei – vor allem dank abgegrabener ANC-Stimmen.

Rechtlich umstrittener Wahlantritt

Angesichts dieses drohenden Szenarios hatte ausgerechnet der ANC auf die strikte Einhaltung der Verfassung gehofft, an der man in den letzten Jahren immer mal wieder gesägt hatte – etwa bei der Debatte zu Eigentumsrechten und Landreform. Denn laut Gesetz dürfen Straftäter, die zu mehr als einem Jahr Haft verurteilt wurden, fünf Jahre nicht für das Parlament kandidieren. Eine Regelung, die in vielen Demokratien gilt – etwa in Deutschland.

Doch Zuma hatte auch in dieser Angelegenheit noch das ein oder andere politische Leben übrig. Am Dienstag ordnete ein Gericht in Südafrika an, dass Zuma als Kandidat für einen Abgeordnetensitz im Parlament zugelassen werden müsse. Eine Erklärung dafür soll es erst nächste Woche geben, führende Experten wie der Professor für Verfassungsrecht Pierre de Vos hatten diese Entscheidung trotz der verkürzten Haftstrafe im Vorfeld für ausgeschlossen gehalten. Zuma hatte gegen die Wahlkommission geklagt, die ihm seine Zulassung verweigert hatte.

Unterstützung Russlands

Rechtskräftig ist das Urteil noch nicht, die Wahlkommission kann Berufung einlegen. Doch für den ANC nimmt das zu erwartende Wahldesaster immer konkretere Formen an. Zu allem Überfluss könnte Zuma die vielbeschworene Freundschaft der Regierungspartei mit Russland erschüttern. Nachdem sich russische Oligarchen in den vergangenen Jahren an der Finanzierung des klammen ANC beteiligt hatten, verzeichnete die Denkfabrik Centre for Information Resilience in den letzten Wochen auffällig viel Unterstützung für Zumas neue Partei durch prorussische Accounts.

Zuma bleibt heftig umstritten.
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Zuma hatte gegen Ende seiner Präsidentschaft versucht, dem Kreml einen Deal für den Bau von Atomkraftwerken in Südafrika zuzuschanzen. Die Kosten in Höhe von voraussichtlich 76 Milliarden Dollar hätten das Land mit einiger Sicherheit in die Zahlungsunfähigkeit geführt. Das Geschäft scheiterte knapp am Widerstand des südafrikanischen Finanzministeriums.

Doch Zuma blieb Russland auch danach verbunden. Erst im vergangenen Juli ließ er sich in Moskau medizinisch behandeln. Auch seine Tochter Duduzile reiste zuletzt mehrfach nach Russland – und ließ sich dort ganz offenbar inspirieren. Im März postete sie auf X, früher Twitter, ein Deepfake-Video. Es zeigte angeblich Donald Trump beim Wahlaufruf für Zumas MK-Partei. (Christian Putsch aus Kapstadt, 10.4.2024)