Der deutsche Batterieerzeuger Varta rutscht immer tiefer in die Krise. Am Donnerstagabend folgte die nächste Hiobsbotschaft für den ohnedies gebeutelten Konzern. Das Mitte 2023 zwischen den finanzierenden Banken und der Mehrheitsaktionärin, der Montana Tech des österreichischen Investors Michael Tojner, beschlossene Sanierungsprogramm reicht nicht aus, um Varta wieder auf Spur zu bringen. Das teilte das Unternehmen zu später Stunde mit. Das zugrundeliegende Sanierungsgutachten sei der wirtschaftlichen Situation "nicht mehr angemessen". Und die Liste der Ursachen, warum die Rosskur bei dem Traditionsunternehmen nicht anschlägt, ist lang.

Ein steriler Raum in einer Varta-Fabrik zur Produktion von Knopfbatterien.
Wie es bei dem Batterieerzeuger weitergeht, steht noch in den Sternen. Die Privatbank Rothschild & Co soll nun strategische Optionen für die Finanzierung erstellen.
Karl-Josef Hildenbrand / dpa / p

Dem Unternehmen machen laut eigenen Angaben weitere Verschlechterungen der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen zu schaffen. Dazu zählen etwa Nachfragerückgänge, eine aggressive Preispolitik von Wettbewerbern aufgrund hoher Lagerbestände im Handel sowie anhaltende Lieferkettenprobleme. Und als ob das alles nicht reichen würde, ist Varta im Februar Opfer einer verheerenden Cyberattacke geworden, wodurch die Produktion wochenlang stillgestanden ist. Die Folge sei "eine weitere Verschlechterung der Finanzsituation", deren operative und finanzielle Folgen sich noch nicht vollständig abschätzen lassen.

Aktie abgestürzt

Darauf rutschte Varta an der Frankfurter Börse, wo das Unternehmen seit November 2017 notiert ist, um bis zu 34 Prozent auf ein Rekordtief von 9,40 Euro ab. Das war aber nur der letzte Paukenschlag eines längeren Niedergangs, denn Anfang 2021 hatte das Papier noch mehr als 181 Euro gekostet. Was hat die Varta-Aktie innerhalb von gut drei Jahren um fast 95 Prozent abstürzen lassen?

Wohl dürften zu optimistische Annahmen bezüglich Nachfrage und der Konkurrenz aus Asien das Unternehmen in die missliche Lage gebracht haben. Ende März stufte Mehrheitsaktionär Tojner die Aussichten für die Batteriebranche in Europa generell als wenig aussichtsreich ein. Zu stark sei die Konkurrenz aus Südkorea und China, wo die Branche massiv vorangetrieben worden sei. Seinen Batteriekonzern Varta, Sponsor des SK Rapid Wien, sieht er als "Restrukturierungsfall". Nach hohen Rohstoff- und Energiepreisen habe dem Konzern der Bau eines neuen Werks, das nun nicht ausgelastet sei, zugesetzt.

Tojner, seit 2011 im Besitz von Varta, schloss dabei eine weitere Kapitalspritze für den Traditionskonzern, dessen Wurzeln bis ins Jahr 1887 zurückreichen, nicht aus. Bereits im Vorjahr hatte er dem Unternehmen 50 Millionen Euro zugeschossen, als er mit Banken jene Sanierung vereinbarte, die auf dem nun nicht mehr zu erfüllenden Gutachten des Wirtschaftsprüfers KPMG samt positiver Fortführungsprognose basierte. Diese Pläne waren allerdings auch die Grundlage dafür, dass die Banken die Kredite bis Ende 2026 verlängerten.

Neues Gutachten

Nun soll der Sanierungsspezialist Auxil Partner ein neues Gutachten, das bis Jahresmitte fertiggestellt sein soll, erstellen. Bis dahin hätten die Kreditgeber Stillhalten zugesagt. Man könne noch nicht sagen, inwiefern die Sanierungspläne angepasst werden müssten. Zudem sucht das Unternehmen offenbar Geldquellen, denn es hat die Investmentbank Rothschild & Co beauftragt, "strategische Optionen in Bezug auf potenzielle Rekapitalisierungs- und Finanzierungsmaßnahmen auszuarbeiten".

Die Erstellung eines neuen Sanierungsplans dürfte ohnedies eine Herausforderung darstellen. Aufgrund des Cyberangriffs und des deshalb eingeschränkten Zugriffs auf Finanzdaten hat Varta bereits eingeräumt, bis auf weiteres weder den Jahresabschluss 2023 noch den Zwischenbericht zum ersten Quartal veröffentlichen zu können, zudem wird die Hauptversammlung aufgeschoben. Somit bleiben die Ergebnisse zum dritten Quartal des Vorjahrs die letzten verfügbaren Zahlen: Dabei erzielte Varta – ein Akronym für Vertrieb, Aufladung, Reparatur transportabler Akkumulatoren – mit gut 4.000 Beschäftigten 554 Millionen Euro Umsatz bei einem Konzernverlust von fast 116 Millionen Euro. Der Zahlungsmittelbestand verringerte sich in diesen drei Quartalen von 109 auf 40 Millionen Euro. (Alexander Hahn, 12.4.2024)