Das Logo des Streaming Dienstes Netflix ist auf einem Fernseher zu sehen
Netflix konkretisiert, was der Streamingdienst im letzten Quartalsbericht unter "kleiner Aufpreis" für Kundinnen und Kunden versteht.
Imago/Trutschel

Netflix hat offenbar noch nicht genug. Schon im letzten Jahr hat der Streamingdienst dem beliebten Accountsharing einen Riegel vorgeschoben und konnte damit erhebliche Gewinne erzielen. Parallel dazu begann man in Ländern wie Frankreich und Großbritannien mit Preiserhöhungen, die nun nach und nach auf andere Länder ausgerollt werden. Auch Nutzerinnen und Nutzer in Deutschland sind nun davon betroffen – wer jetzt ein Abo abschließt, zahlt mittlerweile fast das Doppelte wie 2014, als der Dienst startete.

In Deutschland hat Netflix hat seine Preise für bestimmte Abonnements angehoben. Das Premium-Abo, das Nutzern 4K-Bildqualität und 3D-Sound bietet, ist von 18 auf 20 Euro monatlich gestiegen. Ebenfalls erhöht wurde der Preis für das Standard-Abo, das bisher 13 Euro kostete und jetzt für 14 Euro angeboten wird.

Die Preisänderungen wurden nicht prominent kommuniziert, sondern lediglich im Hilfebereich der Netflix-Website aktualisiert. Unverändert blieb nur der Preis für das in Österreich (noch) nicht erhältliche Abo mit Werbung, das weiterhin knapp fünf Euro pro Monat kostet. Es dürfte nur eine Frage der Zeit sein, bis zumindest die höheren Tarife auch in Österreich eingeführt werden.

Keine Überraschung

Gänzlich unerwartet kommt diese Umstellung nicht, schließlich deutete Netflix bereits im letzten Quartalsbericht an, dass man heuer wieder einen "kleinen Aufpreis" von bestehenden Kundinnen und Kunden verlangen werde. Vorerst gilt aber: Wer bereits ein Abo hat, wird verschont bleiben und noch keine Änderungen erfahren. Üblicherweise erhalten Abonnentinnen und Abonnenten aber zu einem späteren Zeitpunkt die Option, entweder die erhöhten Preise zu akzeptieren, zu einem anderen Tarif zu wechseln oder ihr Abonnement ganz zu kündigen.

Das Schreiben an die Aktionäre hob hervor, dass das Unternehmen eine Politik verfolgt, von seinen Mitgliedern "gelegentlich" Preiserhöhungen zu erwarten, die eben mit Dienstleistungsverbesserungen einhergehen. Nun wird klarer, was unter "kleinem Aufpreis" zu verstehen ist. Diese Strategie zielt jedenfalls darauf ab, einen fortlaufenden Zyklus aus Investitionen und Verbesserungen zu etablieren, der dazu beitragen soll, das Wachstum und die Attraktivität der Plattform zu steigern.

Das Fass ist schon recht voll

Ein Anstieg um ein bis zwei Euro pro Monat mag auf den ersten Blick nicht erheblich erscheinen, doch die Belastungsgrenze der Verbraucherinnen und Verbraucher für solche Ausgaben ist nicht unendlich – insbesondere wenn man bedenkt, dass viele nicht nur ein einziges Streamingabo haben. Eine aktuelle Untersuchung von Deloitte zeigt beispielweise auf, dass die meisten Amerikaner durchschnittlich vier Streamingdienste abonniert haben, was zu monatlichen Ausgaben von etwa 61 Dollar führt. Sollten die Preise um weitere fünf Dollar steigen, gaben die Hälfte der Befragten an, dass sie mindestens ein Abonnement kündigen würden.

In den USA sind die Ausgaben für Streamingdienste im Vergleich zum Vorjahr um 27 Prozent gestiegen, was teilweise auf Preiserhöhungen sowie eine strengere Handhabung des Accountsharings zurückzuführen ist. Viele Verbraucherinnen und Verbraucher haben möglicherweise auch aufgrund von Werbeeinblendungen in Basis-Abos, wie sie Amazon Prime in diesem Jahr eingeführt hat, auf teurere Abos umgestellt. Diese Entwicklungen verärgern die Nutzer, die bei einer zunehmenden Anzahl von Diensten mit steigenden Kosten konfrontiert sind. Ein Großteil der Generation Z und der Millennials wünscht sich eine Möglichkeit, alle ihre Abonnements zu bündeln, um Inhalte auch einfacher suchen zu können.

Darüber hinaus zeigt sich eine wachsende Unzufriedenheit mit den Empfehlungsalgorithmen von Diensten wie Netflix und Disney+, da mehr als die Hälfte der jüngeren Befragten angeben, ihre Sehentscheidungen eher auf Basis von sozialen Medien zu treffen. Das Streaming scheint somit auf gutem Kurs, sich von einer einst geschätzten Innovation zu einem kostenintensiven Medienkonsum zu entwickeln – und bewirkt damit genau das, was es eigentlich hätte verhindern sollen: eine blühende Onlinepiraterie. (bbr, 14.42024)