Weder die Straßen noch die Gebäude in Dubai sind für diese Wassermassen geeignet. Dementsprechend schnell war die Stadt unter Wasser.
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Es sind schreckliche Bilder, die in den letzten Stunden aus den Vereinigten Arabischen Emiraten um die Welt gingen. Die Wüstennation muss derzeit mit Wassermassen kämpfen, die sie so noch nie gesehen hat. Viele Videos in den sozialen Netzen zeigten einen völlig überschwemmten Flughafen in Dubai, vom Wasser verschluckte Häuser und steckengebliebene Autos – und das in einer der trockensten und wasserärmsten Regionen der Welt.

Schnell fanden sich in den sozialen Netzwerken die ersten Erklärungen für die ungewohnten Wassermassen. Eine davon hielt sich hartnäckig und wurde deshalb oftmals aufgegriffen: Cloud-Seeding. Diese Methode der Wetterbeeinflussung, die man auf Deutsch Wolkenimpfung nennt, wird tatsächlich eingesetzt, um die Niederschlagsbildung zu fördern. Die lokale Regierung hat bereits dementiert, dass ein übertriebenes Cloud-Seeding durchgeführt worden wäre, das solch eine Wetterveränderung hätte bewirken können. Dennoch lohnt sich der Blick auf diese Methode, die durch dieses ungewöhnliche Wetterereignis unverhofft an Bekanntheit gewonnen hat.

Wolken effizient machen

Für das Cloud-Seeding nötig sind Flugzeuge, die mit einer ganz bestimmten "Munition" geladen sind und sich in die Mitte eines Sturms wagen müssen. Dort wird Silberiodid inmitten von Wolken als Rauch freigelassen. Bis zu vier Minuten blasen die kleinen Fackeln am Flugzeug ihren Inhalt in die Wolken. "MIT Technology Review" hat diesen Prozess vor Jahren schon sehr detailliert beschrieben und erwähnte den Begriff "super-cooled". Super-cooled meint Flüssigkeiten, die unter ihrem Gefrierpunkt liegen, aber noch nicht kristallisiert sind.

Genau hier kommt das Silberiodid zum Einsatz, das diese super-cooled Wassertröpfchen zusammenfrieren lässt und Schneeflocken formt oder sie einfach zu größeren Tropfen werden lässt. Erreichen diese dann eine bestimmte Größe und damit ein bestimmtes Gewicht, fallen sie in Richtung Erde. Würde die "Impfung" nicht stattfinden, könnten die Tröpfchen nicht schwer genug werden, um herunterfallen zu müssen. "Einen Sturm können wir nicht künstlich erzeugen", erklärte der Hydrologe Jason Carkeet vor einem Jahr CNBC. Aber man könne auf diese Weise jeden Sturm und jede Wolke "effizienter" machen, was den Niederschlag betrifft.

So sehen die kleinen Fackeln aus, die das Silberiodid in die Wolken feuern.
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Keine neue Technologie

Neu ist Cloud-Seeding nicht. In den 1940er-Jahren haben US-Forscher die Idee von Cloud-Seeding bereits ausformuliert und führten laufend Testflüge durch, damals noch mit Trockeneis, das denselben Effekt auf die Wassertröpfchen hatte wie heute das Silberiodid. In den letzten Jahrzehnten wurde die Methode von Energieversorgungsunternehmen, Staaten wie den Vereinigten Arabischen Emiraten und auch Skiressorts immer häufiger genutzt. Beauftragt werden Firmen wie Weather Modification International, die dann Wolken "impfen" fliegen. In den letzten Jahren häuften sich Berichte, auch aufgrund von längeren Trockenperioden, die solche Cloud-Seedings erwähnten.

2022 setzte die chinesische Regierung die Technologie ein, um den schrumpfenden Jangtsekiang mit mehr Wasser zu füllen, und auch im Westen der USA wird seit Jahren auf diese Weise gegen die zunehmende Trockenheit gekämpft. In Russland setzte man die Methode in der Vergangenheit besonders kreativ ein. So wurde vor Paraden das Cloud-Seeding eingesetzt, um Wolken abregnen zu lassen und so trockenes Wetter für den nächsten Tag zu garantieren.

Lange Zeit wurde die Effizienz der Methode hinterfragt, doch neuere Studien beweisen, dass Cloud-Seeding funktioniert und den Jahresniederschlag um bis zu fünf Prozent erhöhen kann. Ängste, das verwendete Silberiodid könnte schädlich für die Umwelt sein, wurden weitestgehend zerstreut, auch aufgrund der geringen Menge, die für den Einsatz nötig ist. Dennoch gibt es weiterhin Kritiker, die die langfristigen Auswirkungen des Cloud-Seedings noch immer als zu undefiniert beschreiben. Earth.org schrieb dazu im Vorjahr: "Der unsachgemäße Umgang mit Silberiodid und anderen Chemikalien könnte eine Kettenreaktion der Umweltverschmutzung auslösen, deren Folgen sich auf die natürlichen Ökosysteme auswirken und konkrete Gefahren für die menschliche Gesundheit mit sich bringen."

Überschwemmung in Dubai

In den Vereinigten Arabischen Emiraten werden regelmäßig Cloud-Seeding-Flugzeuge eingesetzt. Gegenüber CNBC betont das lokale National Center of Meterology (NCM) allerdings, dass vor den Überschwemmungen keine Einsätze geflogen worden seien. Eine direkte Verbindung soll es deshalb nicht geben, und auch die Regierung bestreitet jegliche Verantwortung für die Überschwemmungen durch Cloud-Seeding.

Auch ein seit Monaten an dem Thema recherchierender Journalist von "Wired" bestätigt, dass trotz rund 300 Cloud-Seeding-Einsätzen pro Jahr in der Region die Methode vorhandenen Regen nur bis zu einem gewissen Grad verstärken könne. Außerdem würden die meisten Flieger im Osten des Landes eingesetzt werden und nicht in der Nähe von Dubai. Es handle sich ganz simpel um einen riesigen, die ganze Region treffenden Sturm, der den Oman offenbar noch viel härter getroffen hat, obwohl dort kein Cloud-Seeding eingesetzt wird.

Vielmehr sei die Konzeption der Stadt Dubai schuld daran, dass das Wasser solche Schäden hat anrichten können. Die schnell wachsende Stadt sei für größere Regenmengen überhaupt nicht vorbereitet. "Die Stadt hat sich in den letzten Jahrzehnten rasant entwickelt, ohne dass der Infrastruktur, beispielsweise der Regenwasserkanalisation, die bei einem plötzlichen Wassereinbruch helfen könnte, viel Aufmerksamkeit geschenkt wurde." Es gebe zudem praktisch keine Grünflächen, die den Regen hätten aufnehmen können. Die Klimaerwärmung und damit verbundene Wetterextreme würden deshalb in den nächsten Jahren Dubai, aber auch noch vielen anderen Städten erhebliche Schwierigkeiten bereiten.

In Österreich wird Cloud-Seeding aktuell nur sehr selten eingesetzt, und wenn, dann um präventiv Hagelschäden zu verhindern. Auch hier wird Silberiodid eingesetzt, damit sich durch den Einsatz viele kleinere Graupelkörnchen bilden anstatt einiger großer Hagelkörner. (Alexander Amon, 17.4.2024)