Bootsflüchtlinge
In oft ungeeigneten Booten versuchen Flüchtlinge auch aus dem Libanon in die EU zu gelangen.
IMAGO/Simone Boccaccio

Nikosia – Um die Einreise syrischer Flüchtlinge in die EU zu verhindern, wird nach Angaben von Zyperns Präsident Nikos Christodoulidis nun auch an einem Abkommen mit dem Libanon gearbeitet. "Wir wollen dem Libanon helfen, mit den Flüchtlingen umzugehen, damit nicht noch mehr nach Zypern kommen", sagte das Staatsoberhaupt der EU-Inselrepublik im Interview mit dem Redaktionsnetzwerk Deutschland (RND/Sonntag).

Er freue sich, am 2. Mai zusammen mit EU-Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen in den Libanon zu reisen, um ein konkretes Finanzpaket der Europäischen Union anzukündigen. Das Paket umfasse allerdings nicht nur den finanziellen Aspekt, betonte Christodoulidis. Es gehe auch um die Unterstützung libanesischer Institutionen wie zum Beispiel der Streitkräfte. Letztere seien ein stabilisierender Faktor in dem an Syrien und Israel grenzenden Land.

Libanon in der Krise

Die aktuelle Situation in Zypern beschrieb Christodoulidis als kritisch. "Ich muss hier die deutlichsten Worte verwenden: Es reicht. Wir sind nicht in der Lage, noch mehr syrische Flüchtlinge aufzunehmen." Seit Jahresbeginn landeten auf der Insel im östlichen Mittelmeer etwa 4.000 Migranten – im ersten Quartal des Vorjahres waren es lediglich 78. Die vorhandenen Flüchtlingslager sind überfüllt, die Behörden haben die Bearbeitung der Asylanträge von Syrern vorerst gestoppt.

Bei den aktuell auf Zypern ankommenden Schutzsuchenden handelt es sich zum Großteil um syrische Flüchtlinge, die aus dem Libanon über das Mittelmeer kommen. Der von Zypern etwa 160 Kilometer entfernte Libanon steckt in der schwersten Wirtschaftskrise seiner Geschichte – laut Weltbank eine der schlimmsten Krisen weltweit seit Mitte des 19. Jahrhunderts. Die örtliche Währung hat mehr als 95 Prozent ihres Werts verloren. Das Land mit 5,3 Millionen Einwohnern beheimatet mehr als 1,5 Millionen syrische Flüchtlinge. Es zählt damit zu den Ländern, die pro Kopf weltweit die meisten Flüchtlinge aufgenommen haben. Migranten versuchen etwa aus Tripoli im Norden mit Booten nach Zypern zu gelangen.

Zyperns Präsident hat die EU um Hilfe gebeten, wie er selbst sagt. Es müsse auch darüber gesprochen werden, welche Menschen aus Syrien in der EU eine Chance auf Asyl bekommen sollten. "Wir fordern ausdrücklich, dass bestimmte Gebiete in Syrien als sichere Regionen eingestuft werden", sagte er.

Um irreguläre Migration zu verringern, hatte die EU zuletzt auch Abkommen mit Ägypten und Tunesien getroffen. Sie sehen Finanzhilfen für die Länder in Milliardenhöhe vor. Kritik an der geplanten engeren Zusammenarbeit gibt es allerdings wegen der Menschenrechtslage dort. (APA, 21.04.2024)