Ein 70-jähriger Computernerd, der nicht mit Medien spricht, während Sitzungen vor sich hin pfeift und die Gesellschaft von Katzen jener von Menschen vorzieht, hat Donald Trump zum Präsidentenamt verholfen. Robert Mercer, Co-Chef des in New York ansässigen Hedgefonds Renaissance Technologies, war jene Einzelperson, die am meisten Geld während des Wahlkampfes 2016 gespendet hat und damit maßgeblich zum Erfolg Trumps beigetragen hat.

Trotz seines Alters ist Mercer ein relativ neuer Einflussfaktor auf der politischen Szene. Erste Schritte in der politischen Arena unternahm der studierte Mathematiker rund um das Jahr 2010. Nicht ganz zufällig, denn in diesem Jahr entschied der US Supreme Court, dass Spenden von Privatpersonen und Unternehmen keiner Beschränkung unterliegen. Seither fließen Millionen von Privatgeldern an sogenannte Super PACs (Political Action Committees), deren einziger Zweck es ist, einen bestimmten Kandidaten zu unterstützen.

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Steve Bannon war bis vor kurzem im Nationalen Sicherheitsrat von US-Präsident Trump. Zuvor war er Chef der rechtskonservativen Website "Breitbart News". Mit dem Unternehmer Steve Mercer arbeitet er seit Jahren zusammen. Mercer hat auch zehn Millionen US-Dollar in "Breitbart News" investiert.
Foto: AP Photo/ Evan Vucci

Mercer hatte allerdings, bevor er sein Geld Richtung Donald Trump dirigierte, dessen innerparteilichen Konkurrenten Ted Cruz unterstützt. Erst als dessen Chancen schwanden, drehte Mercer auch der Geldfluss Richtung Trump. Das war im August des vergangenen Jahres. Trumps Wahlkampfleiter Paul Manafort hatte kurz davor wegen dubioser Kontakte zu russischen und ukrainischen Oligarchen gehen müssen, und Trumps Kampagne stand kurz davor, in sich zusammenzufallen. In diesem Moment sprang Mercer mit Geld und guten Ratschlägen ein. Insgesamt sind 13 Millionen US-Dollar während des republikanischen Vorwahlkampfes an Trump geflossen.

Bannon und Conway in Trumps Team gebracht

Er brachte nicht nur die nötigen Dollars mit, sondern sorgte auch dafür, dass Kellyanne Conway und Steve Bannon zentrale Positionen der Wahlkampagne besetzten. Bannon war, bevor ihn Trump in sein Team berief, Chef der rechtskonservativen Webseite "Breitbart News". Nach seinem Wahlsieg hat ihn Trump zum Nationalen Sicherheitsberater gemacht – und vor wenigen Tagen wieder entmachtet. Bannons derzeitige Rolle in Trumps Team ist unklar. Conway war als Meinungsforscherin im Wahlkampf von Ted Cruz tätig, bevor sie zu Trump wechselte. Derzeit ist die 50-jährige Beraterin des Präsidenten und gilt als eine der wenigen Personen, auf die Trump hört.

Politik versteht Mercer auch als Familiengeschäft: Seine mittlere Tochter Rebekah war in leitender Funktion in Trumps Team zur Übernahme der Regierungsgeschäfte. Die 43-jährige leitet die Mercer Family Foundation, über die die Gelder der Mercers ins die Politik gespült werden. In konservativen Kreisen wird sie als "First Lady der extremen Rechten" bezeichnet.

Robert Mercer mit seiner Tochter Rebekah und seiner Frau Diana. Rebekah leitet seit 2008 die Mercer Familiy Foundation, das Vehikel für die politischen Investitionen der Familie.
Wall Street Journal

Die Verbindung zwischen Mercer und Bannon entstand bereits im Jahr 2010, als Mercer die Hälfte vom "Breitbart News" übernahm. Kostenpunkt: zehn Millionen US-Dollar. Mercer macht sein Vermögen mit der Investmentfirma Renaissance Technologies, die im Gegensatz zu anderen Unternehmen in der Branche verstärkt auf Mathematik und Algorithmen setzt. Mercer stieß im Jahr 1993 zum Unternehmen, nachdem ihn der Gründer und damalige Chef von Renaissance Technologies, James Simons, von IBM abgeworben hatte. Dort hatte Mercer an der Entwicklung von automatisierten Übersetzungsprogrammen mitgearbeitet. Die Technologie, die damals bei IBM entstanden ist, gilt auch heute noch als Basis für viele Spracherkennungsprogramme.

Computerliebe und Staatsfeindlichkeit

Mercer liebt Computer, von deren Existenz ihm sein Vater, ein Wissenschafter, als Zehnjährigem das erste Mal erzählt hat. Während seiner Highschool-Zeit in den 1960er-Jahren schreibt er Notizblöcke voll mit Codes – ohne einen Computer zu besitzen. So gut aber seine Vorliebe für Rechner dokumentiert ist, so wenig ist über seine politischen Ziele bekannt. Er selbst spricht nicht darüber, Personen aus seinem Umfeld wissen es entweder auch nicht, wollen nicht darüber sprechen oder widersprechen sich. Eines scheint allerdings klar zu sein: Mercer lehnt den Staat ab. In seiner Vorstellung sollte dieser nur minimale Basisaufgaben übernehmen. Aber seine Abneigung macht nicht vor Parteigrenzen halt: Mercer hält auch das Parteiestablishment der Republikaner für unfähig und entbehrlich.

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Die Beraterin von US-Präsident Donald Trump, Kellyanne Conway, besucht im Dezember 2016 ein Kostümfest des Finanzunternehmers und Milliardärs Robert Mercer in Head of the Harbor auf Long Island. Das Motto des Festes: "Bösewichte und Helden". Conway kam im Supergirl-Kostüm.
Foto: REUTERS/Mark Kauzlarich

Als besondere Feindbilder hat Mercer Bill und Hillary Clinton identifiziert. Und das nicht erst seit dem Wahlkampf 2016. Schon seit der Präsidentschaft Bill Clintons kursieren Verschwörungstheorien, die suggerieren, Bill und Hillary wären in Drogenhandel und Morde involviert. Ursprung dieser Falschmeldungen ist das erzkonservative Magazin "The American Spectator", das diese Inhalte mehrfach veröffentlichte und wohl die Quelle für Mercers Abneigung gegenüber den Clintons ist.

Klimawandel und Bürgerrechte

Und sonst? Den Klimawandel hält Mercer für eine Erfindung. Von dem Civil Rights Act aus dem Jahr 1964, der der schwarzen Bevölkerung Grundrechte sicherte, hätten Schwarze nicht profitiert. Ihnen wäre es davor wirtschaftlich besser gegangen. Gleichzeitig unterstützt Mercer aber eine Initiative, die es sich zum Ziel setzt, mehr schwarze Abgeordnete in der Republikanischen Partei einzubinden.

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Auch Donald Trump finanzierte seinen Wahlkampf nicht alleine. Einer seiner größten Geldgeber war der Milliardär Robert Mercer.
Foto: Justin Merriman/Getty Images/AFP

Mercer ist im Übrigen ein hervorragender Pokerspieler. Es scheint, als gehe es ihm auch in der Politik darum, das für ihn Bestmögliche aus einem Blatt herauszuholen. Seine Strategie ruht dabei auf zwei Pfeilern: Er unterstützt Politiker, deren Agenda seiner entgegenkommt, finanziert aber auch Medien, Meinungsforscher und Thinktanks, die ihm nützlich sein könnten.

Investition in Datenanalyse

Zuletzt investierte Mercer in das Datenanalyseunternehmen Cambridge Analytica. Die Firma brüstete sich, mit Profilanalysen von Facebook-Usern Trumps Sieg ermöglicht zu haben. Das dürfte zwar nur ein Werbegag gewesen sein, Datenanalyse macht Cambridge Analytica aber sehr wohl. Auch bei der Brexit-Kampagne war Cambridge Analytica engagiert – und zwar von den EU-Gegnern.

Mercer lebt zwar zurückgezogen und scheut die Öffentlichkeit – mit Bescheidenheit hat das aber nichts zu tun. Seine Vorhaben steuert er aus Head of the Harbor, einem kleinen Ort auf Long Island nahe Manhattan mit rund 1.400 sehr wohlhabenden Einwohnern. Dort steht das "Eulennest", wie Mercer sein Wohnhaus nennt. Zwei Eulen-Statuen flankieren das Tor zum Anwesen, und auch Mercers Luxus-Yacht heißt See-Eule. Möglicherweise ein weiteres Tier, dessen Gesellschaft er jener von Menschen vorzieht. (mka, 10.4.2017)