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Fake-News sorgen auch im Bundespräsidentschaftswahlkampf für Aufregung

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Der deutsche Grünpolitiker Tobias Weihrauch ist entsetzt: "Meine Freunde, Trumps Wahlsieg hat gezeigt, dass Rechtspopulismus sich durchsetzt." Er denkt, dass auch Deutschland nach Rechts driften wird – und fordert deshalb, jetzt "so viele Afrikaner und Syrer wie möglich in unser Land" zu holen. Grüne sollen "alle Flüchtlinge unterstützen, egal wie intigrationswillig (sic!) sie sind." Das Posting sorgte für große Empörung und wurde tausende Male verbreitet. Das Hauptproblem dabei: Tobias Weihrauch existiert nicht. Der angebliche Grünpolitiker ist in den Datenbanken der Grünen nicht zu finden. Fraglich ist, ob es überhaupt eine Person mit Namen und Profilbild des Facebook-Accounts gibt.

Zigtausende Male verbreitet

Doch die mutmaßliche False-Flage-Aktion wurde zum Erfolg. Tausende Nutzer teilten den Beitrag des Fake-Profils sowie Meldungen sehr rechter Portale über ihn. Auffällig ist etwa, dass die rechte Seite "Politikstube" schon sehr früh über den Statusbeitrag berichtet hatte. Das Posting tauchte rasch auf dem Radar des Portals auf. Die Aktion schien über lange Hand vorbereitet: "Tobias Weihrauch" war auf Facebook mit zahlreichen grünen Politikern befreundet und hatte zuvor in vielen Beiträgen grüne Standpunkte verbreitet. Die Meldung des Fake-Profils erreicht nun auch den österreichischen Bundespräsidentschaftswahlkampf, die Grünen sollen hierzulande zahlreiche Anfragen zu Weihrauch erhalten haben.

Sabotageaktionen

Doch auch im entgegengesetzten politischen Spektrum werden Sabotageaktionen vermutet. Die FPÖ behauptet schon seit Jahren, dass Hasspostings von vermeintlichen FPÖ-Wählern – etwa auf der Facebook-Seite von Heinz-Christian Strache – von politisch links gesinnten Saboteuren verfasst worden sind. Tatsächlich lässt sich ein Facebook-Profil relativ anonym anlegen. Die Masse an rassistischen oder gar gewaltverherrlichenden Postings, die teils auf Straches Facebook-Seite zu finden waren, lässt eine organisierte False Flag-Aktion jedoch unwahrscheinlich erscheinen. Dass Fake-Profile die Stimmung anheizen, kann jedoch nicht ausgeschlossen werden.

Rasches Aufspüren durch politischen Gegner

Für Aufregung sorgte Anfang September auch eine Webseite, die Nutzer dazu aufforderte, eine Maske des freiheitlichen Präsidentschaftskandidaten Norbert Hofer auszudrucken, um sie dann mit ihren Fäkalien zu beschmutzen. Die Webseite dazu war in Panama registriert worden, eine Identifizierung der Urheber ist nahezu unmöglich. Die Seite, die sich an das Layout der grünen Parteiseiten hielt, war sehr schnell von der FPÖ entdeckt worden: Bereits einen Tag nach der Registrierung der Webseite verbreitete die FPÖ einen Beitrag darüber, der berechtigte Empörung bei Hofer-Unterstützern auslöste.

Grünpolitiker Karl Öllinger vermutete,"dass da jemand die Grünen bewusst anpatzen, sie mit einer einer Aktion in Verbindung bringen wollte, die es in Wirklichkeit nie gegeben hat, die fingiert wurde." Eine Anfrage des STANDARD bei der FPÖ, wie die Partei so schnell auf die dubiose Seite gestoßen ist, wurde nicht beantwortet. Es ist natürlich möglich, dass ein Facebook-Nutzer früh über das Portal gestolpert ist und anschließend den Freiheitlichen Bescheid gesagt hat.

Erst diese Woche sorgten nun gefälschte FPÖ-Plakate für Aufregung. "Halt dich fern vom Araberschuft! Kauf nur beim A(ust)rier!", so der Text des Plakats, das mit FPÖ-Logo und einem Sujet von Norbert Hofer bedruckt war. Aber nicht nur: Rechts unten war auch die Unterschrift von Che Guevara platziert worden, wie das Portal Mimikama aufdeckte. Nun ist in sozialen Medien ein Streit darüber entbrannt, ob Anhänger von Van der Bellen mit dem Plakat Hofer schaden wollten – oder ob nicht gar in einer Art doppelter False Flag-Aktion Anhänger der FPÖ den Grünen eine Sabotageaktion in die Schuhe schieben wollten. Ein oft geäußertes Argument dafür ist, warum Van der Bellen-Anhänger die Fälschung des Plakats mit der Che Guevara-Unterschrift offensichtlich machen sollten.

Richtigstellungen finden wenig Verbreitung

Klassische Nachrichtenportale, aber auch darauf spezialisierte Seiten wie Mimikama im deutschsprachigen oder Snopes im internationalen Raum versuchen, den Fakes mit hartnäckiger Recherche auf die Schliche zu kommen. Doch oft ist es dann schon zu spät. Die Meldung, dass Papst Franziskus sich für die Wahl Donald Trumps ausgesprochen hatte, erreichte mehrere Millionen Nutzer, die Gegendarstellung von Snopes hingegen "nur" einige hunderttausend Menschen. Das Gerücht, der von den Grünen unterstützte Präsidentschaftskandidat Alexander Van der Bellen leide an Demenz oder Krebs, führte sogar zu einem offiziellen Dementi samt der Vorlage medizinischer Befunde.

"Leider werden Fake-Nachrichten und False-Flag-Aktionen immer mehr von politischen Bewegungen und Parteien genutzt, um die Stimmung gegen die politische Konkurrenz aufzuheizen", sagt der grüne Mediensprecher Dieter Brosz. Solche Meldungen "vergiften das gesellschaftliche Klima", denkt Brosz. Eine Anfrage an die FPÖ, welche Maßnahmen gegen Fake-News Sinn ergäben, blieb unbeantwortet.

Die Problematik von Fake-News, die politische Wahlen beeinflussen können, sind besonders seit der US-Wahl Thema. In den USA ist Facebook jetzt stark unter Druck geraten. Das soziale Netzwerk reagierte zu Wochenbeginn mit der Ankündigung, Seiten, die oft mit Falschmeldungen hantieren, Werbebudget zu entziehen. (Fabian Schmid, 2.2.2016)