Angehende Richter und Staatsanwälte sollten ein Mindestmaß an Sensibilität für Österreichs historische Verantwortung haben – das war der Ausgangspunkt der Debatte über Justizgeschichte-Schulungen, in die nun wieder Leben zu kommen scheint.

Foto: apa/hochmuth

Angehende Richter sollen Geschichte lernen, damit sich Fälle wie die Causa "Aula" nicht wiederholen: Dieser Plan von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) war seit dem Herbst ins Stocken geraten (DER STANDARD berichtete) – doch nun scheint wieder Bewegung in die Sache zu kommen.

Folge der Causa "Aula"

Zur Vorgeschichte: Im Februar 2016 sorgte die Einstellung eines Strafverfahrens gegen das rechtsextreme Magazin "Aula" an der Staatsanwaltschaft Graz für Aufsehen. Dass KZ-Überlebende in dem Magazin als "Kriminelle" und als "Landplage" bezeichnet wurden, sei nicht verfolgenswert, weil "nachvollziehbar", lautete damals die Begründung der Anklagebehörde, die für viel Ärger sorgte – auch im Justizministerium. Brandstetter kündigte bald danach Konsequenzen an: Angehende Richter und Staatsanwälte sollten künftig verpflichtende Kurse zur Justizgeschichte absolvieren.

Ein solches Curriculum gab es schon, allerdings auf freiwilliger Basis. Dessen Organisatoren, Claudia Kuretsidis-Haider und Winfried Garscha von der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz und der auch in der Richterausbildung tätige Wiener Gerichtsvorsteher Oliver Scheiber, hatten das Konzept weiterentwickelt und im September dem Ministerium übergeben. Dort ruhte das Konzept in einer Schublade – während die zuständige Abteilung im Ministerium die vier Oberlandesgerichte ersuchte, selbst eigene Curricula zu erarbeiten.

"Brauchen Klartext"

Nach STANDARD-Berichten scheint die Sache wieder ins Rollen zu kommen: Für den kommenden Freitag wurde ein Treffen der Curriculum-Verantwortlichen im Ministerium anberaumt, erfuhr DER STANDARD aus der Forschungsstelle Nachkriegsjustiz. Historikerin Kuretsidis-Haider ist "zuversichtlich", wünscht sich aber eine baldige Festlegung des Ministeriums: "Je früher wir Klartext haben, ob wir ein einheitliches Curriculum für ganz Österreich durchführen sollen, desto früher können wir mit der Organisation beginnen." Das aus zwei dreitägigen Modulen bestehende Ausbildungskonzept umfasst mehrere Vorträge in- und ausländischer Referenten, einen Besuch der Wiener Gedenkstätte Am Spiegelgrund und einen Besuch der Gedenkstätte Mauthausen in Oberösterreich.

Ministerium: Gemeinsame Grundlage

Das Konzept werde eine "gemeinsame Grundlage" für alle Ausbildungssprengel sein, heißt es aus dem Ministerbüro auf STANDARD-Anfrage. Und zwar insofern, als "die wesentlichen Inhalte in allen Sprengeln gleich sein werden". Im Juni werde es eine gemeinsame Auftaktveranstaltung geben.

Indes wurde ein von den Grünen-Abgeordneten Harald Walser und Albert Steinhauser eingebrachter Initiativantrag auf baldige Umsetzung der Pflichtkurse im Justizausschuss am Dienstag mit Stimmen von SPÖ, ÖVP, Grünen und Neos angenommen. Die Freiheitlichen stimmten gegen die Geschichtsausbildung. (Maria Sterkl, 15.3.2017)