Bild nicht mehr verfügbar.

Foto: AP/Tim Ireland

Tony Blair warnte 2015 mit eindringlichen Worten vor ihm: Wenn Jeremy Corbyn zum Parteivorsitzenden gewählt würde, könnte dies für Labour bei der nächsten Wahl nicht bloß eine Niederlage, sondern die völlige Vernichtung bedeuten. Vor allem die jungen Parteimitglieder schenkten dem linken Außenseiter dennoch ihr Vertrauen.

Dass der Expremier kein Freund Corbyns ist, kann nicht verwundern: Der linke Parteirebell hatte in den Regierungsjahren von Blairs "New Labour" zwischen 1997 und 2010 im Unterhaus 428-mal gegen die Parteilinie gestimmt – öfter als jeder andere Abgeordnete. Insbesondere die britische Beteiligung an den Kriegen in Afghanistan und dem Irak brachte den späteren Gandhi-Friedenspreisträger in strikte Opposition zu seiner Parteiführung.

Nach dem Brexit-Referendum im Juni 2016 revoltierten Corbyns innerparteiliche Gegner. Sie warfen ihm vor, sich nicht ausreichend für den Verbleib Großbritanniens in der Europäischen Union eingesetzt zu haben. Ein Misstrauensvotum der Abgeordneten verlor er klar, doch der ehemalige Gewerkschafter konnte sich auf die Basis verlassen: Bei der erneuten Urwahl erhielt er noch höheren Zuspruch als im Jahr davor.

Das Rebellische wurde Corbyn praktisch in seine Wiege in Wiltshire gelegt. Seine Eltern waren politische Aktivisten, die sich in den 1930ern in einem Komitee zur Unterstützung der Republikaner im Spanischen Bürgerkrieg kennengelernt hatten.

Der 68-Jährige ist seit 2013 in dritter Ehe mit der aus Mexiko stammenden Fair-Trade-Kaffee-Händlerin Laura Álvarez verheiratet. Von seiner zweiten Frau und Mutter seiner drei Söhne ließ er sich 1999 wegen Differenzen über den Schulbesuch von Sohn Ben scheiden. Die Schule am Wohnort des Paares in Islington hatte einen schlechten Ruf, weshalb Ben gegen den Willen des Vaters in eine noblere Bildungseinrichtung geschickt wurde. Abgesehen davon, dass sein zweiter Sohn Sebastian Stabschef von John McDonnell, dem Schatten-Schatzkanzler von Labour, ist, hält der Parteichef sein Privatleben bewusst aus dem medialen Blickfeld heraus.

Auch bei etwas anderen Wahlen hat er Erfolge vorzuweisen: Schon 2001 erhielt er den Titel "Bart des Jahres" der Beard Liberation Front mit der Begründung, sein Gesichtshaar sei eine Form des Widerstandes gegen New Labour. Den Titel "Parlamentarischer Bart des Jahres" konnte er 2016 gar zum siebenten Mal erobern. (Michael Vosatka, 9.6.2017)