Wien – Im Konflikt um die Einrichtung von Deutschförderklassen stehen die Zeichen zwischen der Stadt Wien und dem Bildungsministerium vorerst auf Entspannung. Wien zieht das Auslösen des Konsultationsmechanismus zurück, im Gegenzug können Schulen mit Raumproblemen die Deutschförderung temporär auch in integrierter Form umsetzen. Insgesamt soll es in Wien über 300 Deutschklassen geben.

Ab Herbst müssen Kinder, die dem Unterricht nicht ausreichend folgen können, für maximal vier Semester in eine eigene Deutschförderklasse. Dort wird dann in 15 bis 20 Wochenstunden nach eigenem Lehrplan Deutsch unterrichtet – für Gegenstände wie Zeichnen, Musik und Turnen werden die Kinder dann aber altersgemäß den normalen Regelklassen zugeteilt. Einschränkung: Die Klassen werden erst ab acht Schülern pro Standort eingerichtet. Besuchen müssen sie außerdem nur jene Kinder, die in der ersten Schulstufe aufgenommen wurden, oder gerade in Österreich angekommene Quereinsteiger ins Schulsystem. Nach jedem Semester wird dann überprüft, ob die Kinder dem Regelunterricht mittlerweile ausreichend folgen und in die Regelklassen wechseln können.

Wien zieht Konsultationsmechanismus zurück

Neben inhaltlicher Kritik und Zweifel an der organisatorischen Durchführbarkeit löste Wien aufgrund erwarteter Mehrkosten den im Finanzausgleich vorgesehenen Konsultationsmechanismus aus – das bedeutet, dass diese vom Bund getragen werden sollen. Nach längeren Verhandlungen gibt es nun eine Übereinkunft: Auf der einen Seite zieht Wien den Konsultationsmechanismus zurück, andererseits bekommen jene Schulstandorte, die eine Umsetzung der Deutschklassen aus organisatorischen und strukturellen Gründen nicht schaffen (also etwa Raumnot), eine Ausnahme zugestanden, bestätigte man im Bildungsministerium sowie im Büro von Wiens Bildungsstadtrat Jürgen Czernohorszky (SPÖ).

Sie können die Deutschförderung schulautonom umsetzen, also auch in integrierter Form. Voraussetzung dafür ist allerdings, dass dies in Abstimmung mit dem Ministerium passiert, eine eigene Lehrkraft für die außerordentlichen Schüler zur Verfügung steht und eine temporäre Maßnahme bleibt, betont man im Ministerium. So soll etwa abgeklärt werden, ob an Bundesschulen (AHS, BMHS) Raum in Anspruch genommen werden kann.

Laut Czernohorszky haben 46 Schulen Probleme bei der Umsetzung angemeldet, im Ministerium sieht man diese bei 21 bereits als intern gelöst an. An den restlichen 25 gab beziehungsweise gibt es in diesen Tagen gemeinsame Begehungen.

Pragmatische Lösung

"Als Pragmatiker bin ich immer davon ausgegangen, dass wir hier zu einer vernünftigen Lösung kommen. Diese haben wir jetzt erreicht", sagte Bildungsminister Heinz Faßmann (ÖVP). Seine inhaltliche Kritik hält Czernohorszky allerdings aufrecht. "Insgesamt bleibt Wien dabei, dass es mehr Deutschförderung braucht und Schulen die Möglichkeit haben sollten, sie standortspezifisch umzusetzen." Internationale Studien würden belegen, dass Kinder gemeinsam und mit intensiver Unterstützung am besten lernen. Er kritisiert daher auch den Wegfall des Integrationspakets: "Das bedeutet, dass im nächsten Jahr deutlich weniger Ressourcen für die Sprachförderung da sind – dabei wäre mehr Deutschförderung das Gebot der Stunde."

Im Stadtschulrat geht man von mehr als 300 Deutschförderklassen ab Herbst aus. Aufgrund möglicher Zuwächse im Sommer beziehungsweise durch Quereinsteiger sei eine exakte Festlegung aber noch unmöglich. "Es ist gut, dass wir uns geeinigt haben", sagte Stadtschulratspräsident Heinrich Himmer (SPÖ). So könnten die mit der Bildung von Deutschförderklassen verbundenen Schwierigkeiten schulautonom abgefedert werden. (APA, 26.6.2018)