Josef Moser will im Herbst einen neuen Anlauf zur Kompetenzbereinigung starten.

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Wien – Der Bund will die Gesetzgebung bei Krankenhäusern und Mindestsicherung weitgehend an sich ziehen. Justizminister Josef Moser (ÖVP) kündigt für den Herbst einen weiteren Anlauf zur "Kompetenzbereinigung" zwischen Bund und Ländern an.

Konkret soll es eine klare Zuordnung jener Bereiche geben, wo der Bund derzeit "Grundsatzgesetze" erlässt, die dann von den Ländern mit "Ausführungsgesetzen" konkretisiert werden. Das ist etwa bei der Mindestsicherung der Fall ("Armenwesen"), aber auch bei Krankenhäusern und Kraftwerken ("Elektrizitätswesen").

Erster Schritt Jugendhilfe

Geregelt sind all diese Bereiche im Artikel 12 der Bundesverfassung. In einem ersten Schritt hat Moser hier bereits die "Verländerung" der Kinder- und Jugendhilfe vorgeschlagen. Die Länder dürften die Regeln für ihre Jugendämter künftig also weitgehend selbst schreiben. Darüber hinaus will Moser im Herbst eine weitgehende Zentralisierung der Gesetzgebung bei Mindestsicherung und Krankenhäusern vorschlagen: "Weg von zehn Gesetzen in Richtung ein Gesetz."

Damit könnte der Bund den Ländern bei der Mindestsicherung nicht nur – wie aktuell geplant – einen Rahmen vorgeben, sondern auch die Details regeln. Allerdings betont Moser, dass die Länder weiterhin die Möglichkeit haben sollen, auf bestimmte regionale Unterschiede einzugehen. Als Beispiel nennt der Minister die Mindestsicherung, wo die Länder weiterhin unterschiedlich hohe Wohnkosten auszahlen dürften. Ermöglicht werden könnte das über eigene "Verordnungsermächtigungen" für die Länder. Ob mit der Gesetzgebungskompetenz auch die entsprechenden Mittel zum Bund verlagert werden, soll bei den Verhandlungen im Herbst besprochen werden.

Auf Opposition angewiesen

Leicht wäre die Umsetzung dieses Vorschlags freilich nicht. Um eine Verfassungsänderung durchzubringen, bräuchte Türkis-Blau im Nationalrat entweder die Zustimmung der Neos oder SPÖ. Was aber noch dazukommt: Da es sich um eine einen Eingriff in eine Ländermaterie handelt, hätte der Bundesrat in diesem Fall eine absolute Vetomöglichkeit. Konkret konnte in diesem Fall also die SPÖ, ohne die es im Bundesrat nie eine Zweidrittelmehrheit gibt, Nein sagen.

Aktuell gehen die Überlegungen der Regierung bei der Mindestsicherung daher auch in eine andere Richtung. Sozialministerin Beate Hartinger-Klein (FPÖ) arbeitet, wie berichtet, an einem Grundsatzgesetz, mit dem den Ländern Obergrenzen vorgegeben werden sollen. Für Menschen mit Deutschdefiziten sind niedrigere Sätze vorgesehen. Für diese Änderungen bräuchte die Koalition nicht die Zustimmung der Opposition.

Datenschutz zum Bund

Dem Bund zuordnen will Moser auch noch den Datenschutz. Und bei der Umweltverträglichkeitsprüfung großer Infrastrukturprojekte will er die derzeit zwischen Bund und Ländern zersplitterten Verfahren ebenfalls "zusammenziehen". Dass die Kompetenzbereinigung letztlich auf einen Etikettenschwindel hinauslaufen könnte, weil Landesgesetze durch Verordnungen ersetzt werden, weist Moser zurück: Das Ziel sei eine "klare Ergebnisverantwortung" und die werde mit einer einheitlichen Regelung erreicht.

Allerdings hat es bereits bei der Verländerung der Jugendhilfe harsche Begutachtungs-Kritik gegeben. Selbst Mosers Regierungskollegin Familienministerin Juliane Bogner-Strauß (ÖVP) gehen die Pläne zu weit. Moser will nun eine "gemeinsame Lösung" mit dem Familienministerium erarbeiten. Außerdem versichert er, dass es keine Verschlechterung der Schutzstandards gebe werde.

Neuer Anlauf bei Mehrfachstrafen

Für die ursprünglich noch vor dem Sommer angekündigte Abschaffung der Mehrfachstrafen im Verwaltungsstrafrecht ("Kumulationsprinzip") kündigt Moser einen neuen Anlauf spätestens im Herbst an. Befürchtungen von SPÖ und Gewerkschaften, Unternehmen würden damit einen "Sonderrabatt für Sozialbetrug" erhalten, weist Moser zurück. Das gelte auch für den Rückbau von Vorschriften auf EU-Mindeststandards ("Gold Plating"): "Es ist in keiner Weise beabsichtigt, Arbeitszeitgesetz, Ausländerbeschäftigung oder Sozialstandards damit zu reduzieren."

In der BVT-Affäre zeigt sich der Minister zurückhaltend. Die umstrittene Vorgehensweise des Innenministeriums, wo das Ministerbüro Belastungszeugen gegen führende Mitarbeiter des Bundesamts für Verfassungsschutz direkt an die Staatsanwaltschaft vermittelt hat, will Moser nicht bewerten: "Das wird der Untersuchungsausschuss beurteilen." Und ob die Hausdurchsuchung im BVT zulässig gewesen sei oder nicht, habe das zuständige Oberlandesgericht zu entscheiden. (APA, red, 21.7.2018)