Die Parlamentarier werden in den kommenden Wochen an Bedeutung gewinnen.

Foto: Heribert Corn

Uns stehen aufregende Zeiten bevor. Im Grunde besteht das Parlament nur noch aus Opposition – oder zumindest: Keine Partei ist einer anderen etwas schuldig. Für jedes Thema können sich neue Allianzen finden, die gemeinsam ein Gesetz beschließen. Eine Mehrheit haben ÖVP und FPÖ, ÖVP und SPÖ sowie SPÖ und FPÖ. Neos und Liste Pilz spielen diesbezüglich theoretisch keine Rolle – sie können aber freilich Anträge einbringen, für ihre Anliegen Partner suchen und Druck aufbauen. Was könnte nun also alles beschlossen werden? Welche Ideen liegen auf dem Tisch?

  • Privatisierungsverbot für Trinkwasser Es ist ein Thema, mit dem man in Österreich nur verlieren kann: die Privatisierung von Trinkwasser. Ex-FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache hatte im Ibiza-Video davon gesprochen. Die Freiheitlichen haben sich von der Idee prompt distanziert. Nun will die SPÖ einen Schutz des staatlichen Trinkwassers noch vor der Wahl in der Verfassung verankern. Da könnte die FPÖ mitgehen, um deutlich zu machen, dass man wirklich, wirklich auf gar keinen Fall das gute heimische Wasser verkaufen möchte. Auch die Neos waren diesbezüglich einst in Erklärungsnot: Ihnen wurde 2014 nach einer unklaren Aussage von Angelika Mlinar vorgeworfen, das Wasser privatisieren zu wollen. Die Pinken ruderten ebenfalls sofort zurück. Für ein Verfassungsgesetz wären allerdings auch noch ÖVP oder Liste Jetzt nötig.
  • Rauchverbot Eigentlich ist nur die FPÖ gegen ein Rauchverbot in der Gastronomie. ÖVP und Freiheitliche hatten sich in ihrer Koalition ausbaldowert, das zuvor beschlossene Verbot zurückzunehmen, bevor es in Kraft trat. Nun ist die Position der Volkspartei nicht ganz klar. Zuerst hieß es: Türkis-blaue Beschlüsse würden nicht zurückgenommen. Dann zeigte sich Parteichef Sebastian Kurz doch offen für ein Rauchverbot. Nun sagt die ÖVP: Über Sachfragen reden wir erst, wenn zuvor ein Verfassungsgesetz gegen "Wahlzuckerln" beschlossen wird. Dafür findet sich aber wohl keine notwendige Zweidrittelmehrheit.
  • Parteifinanzen In der Theorie sprechen jetzt alle davon, für mehr Transparenz in den Parteifinanzen sorgen zu wollen. In der Praxis will jeder ein bisschen etwas anderes, und schlussendlich wird womöglich gar nichts beschlossen. Neos, Liste Jetzt und ÖVP können sich eine Prüfung der Parteien durch den Rechnungshof vorstellen. SPÖ und FPÖ fordern vor allem einen Deckel für Großspenden. Alle haben noch zusätzliche Forderungen, die divergieren.
  • Zwölfstundentag SPÖ und Liste Jetzt wollen den türkis-blauen Beschluss zurücknehmen. Die ÖVP wird jedenfalls dabei bleiben, die FPÖ könnte aber noch umdenken, hat diese Reform doch für Unmut an der Parteibasis gesorgt. Die Freiheitlichen haben sich allerdings noch nicht entschieden.
  • Unterhaltsgarantie Die Liste Jetzt drängt auf einen Beschluss in Sachen Unterhaltsgarantie für Kinder von Alleinerziehern, deren Ex-Partner nicht zahlen. Im Wahlkampf 2017 waren alle Parlamentsfraktionen dafür. Umgesetzt wurde sie nie.
  • Viele offene Regierungsprojekte Von der angekündigten Steuerreform ist bisher nur ein kleiner erster Part in Begutachtung. Ausständig ist der für 2020 bedeutendere Teil: die Senkung der Sozialversicherungsbeiträge für Kleinverdiener. Überhaupt nichts mehr werden dürfte es mit der angekündigten Lohnsteuersenkung ab 2021. Offen bleiben vorerst auch die geplanten Reformen der Pflege und der Notstandshilfe. (Katharina Mittelstaedt, 4.6.2019)