Der Muttertag hat längst seine Unschuld verloren. Die Zeiten, in denen das Gros der Mütter durchwegs positiv dem zweiten Maisonntag entgegenfieberte, weil dann Kinder und Väter Frühstück und Basteleien ans Bett brachten, sind vorbei. Denn heute ist ihnen klarer, dass mit der Mutterschaft Einkommenseinbußen, viel unbezahlte Arbeit und die alleinige Verantwortung für das Kindeswohl mitserviert werden.

Wir haben noch immer ein Mütterideal, nach dem in zahllosen Alltagssituationen nach wie vor sie die wichtigsten Bezugs- und Ansprechpersonen für alles sind, was Kinder brauchen. Und dazu kommt ein moderneres Frauenbild, das beruflichen Erfolg und finanzielle Selbstständigkeit einschließt. Das ist in der Realität nicht machbar. Deshalb liegt die Teilzeitquote bei Frauen mit Kindern unter 15 Jahren bei 75 Prozent, um acht Prozentpunkte höher als vor 15 Jahren.

Auch der aktuelle Wiedereinstiegsmonitor der Arbeiterkammer zeigt, dass wir uns mehr auf eine Retraditionalisierung zubewegen als auf eine fairere Aufteilung der unbezahlten Familienarbeit. Nur etwa zwei Drittel der Mütter kehren zwei Jahre nach der Geburt wieder ins Erwerbsleben zurück.

Die Väter sind gefordert – und zwar nicht nur am Muttertag.
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Indessen ziehen sich Väter noch stärker aus der Kinderbetreuung zurück. Seit einem Höchststand im Jahr 2017, als gut 15.000 Väter Kinderbetreuungsgeld bezogen, ist diese Zahl wieder kontinuierlich gesunken.

Ist das die vielzitierte Wahlfreiheit für Mütter, die bei einem Nein zu Eingriffen in die Organisation von Familien- und Erwerbsleben stets hochgehalten wird? Wohl kaum, wenn diese Organisation derart stereotyp entlang der Geschlechter passiert. Wie kann sich das ändern? Müssen wir auf einen Wandel im Bewusstsein und Verhalten von Müttern und Vätern hoffen, die sich womöglich noch immer auf patriarchalen Trampelpfaden wohler fühlen? Oder muss die Familien-, Wirtschafts- und Frauenpolitik mit diversen Maßnahmen deutlich nachschärfen?

Schlechtes Gewissen

Tatsächlich sind in erster Linie die Väter gefordert. Aber auch Mütter können sich von ihrer Perfekte-Mama-Performance emanzipieren. Nein, Mama muss nicht die Beste sein, und es ist wichtig, sich diesem noch immer stark spürbaren Anspruch bewusst zu entziehen. Viele kennen die Gespräche unter Müttern über das schlechte Gewissen, wenn sie ihr Kind spät vom Kindergarten abholen – Ähnliches ist bei Vätern kaum wahrnehmbar. Dass allzu viele Betreuungsstätten immer noch früh zusperren, verschärft dieses Problem.

Doch abseits dieser Arbeit am Selbstbild als Mutter braucht es vor allem politische Maßnahmen. Sie können eine gleichberechtigte Elternschaft vor allem für die vielen erleichtern, die aufgrund ökonomischer Zwänge entscheiden müssen, wer sich wie lange der Kinderbetreuung widmet: Je weniger Mütter verdienen, desto niedriger ist die Wahrscheinlichkeit, dass die besser bezahlten Väter in Karenz gehen. Der Gender-Pay-Gap zementiert auch die alten familiären Rollenbilder.

Auch die Anreize für eine partnerschaftliche Teilung des Kinderbetreuungsgeldes sind viel zu mager. Der Mindestanteil für Väter liegt bei zwei Monaten – und genauso kurz gehen die meisten Väter auch in Karenz. Wenn sie überhaupt gehen: Satte 82 Prozent der Väter tun das nicht. Solange sich daran nichts ändert, wird der Beigeschmack des Muttertagsfrühstücks für viele bitter bleiben. (Beate Hausbichler, 14.5.2023)