Im Juli nächsten Jahres soll die Maklergebühr für Wohnungssuchende in Österreich fallen, sofern sie nicht Auftraggeber des Maklers sind.
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Was hat da eigentlich so lange gedauert? Das fragt sich, wer die Regierungsvorlage zur Änderung des Maklergesetzes, die am Mittwoch nach dem Ministerrat publik wurde, mit dem Begutachtungsentwurf vergleicht. Die vorgenommenen Änderungen sind marginal und praktisch rein technischer Natur; da wurde hier einmal "Makler" gegen "Immobilienmakler" ausgetauscht, dort ein paar Mal "Mieter" gegen "Wohnungssuchender". Ansonsten sei der Entwurf fast unverändert zum Begutachtungsentwurf, resümiert Walter Rosifka, Wohnrechtsexperte der Arbeiterkammer (AK). Er spricht von "kosmetischen Änderungen" zum Begutachtungsentwurf, den die AK kritisierte.

"Einführung des Bestellerprinzips"

Dieser erste Entwurf ist vor einem Dreivierteljahr öffentlich gemacht worden, im März 2022. Es folgte eine mehrwöchige Begutachtungsphase, in der mehr als 100 Stellungnahmen eingingen. Schon im März sagten die Chefverhandlerinnen in der Bundesregierung, Justizministerin Alma Zadić (Grüne) und Jugendstaatssekretärin Claudia Plakolm (ÖVP), dass die Gesetzesnovelle, die unter dem Schlagwort "Einführung des Bestellerprinzips" firmierte, rund um den Jahreswechsel 2022/23 in Kraft treten sollte.

Wie mit einer eigentlich vereinbarten Übergangsfrist von einem halben Jahr umgegangen werden sollte, war damals noch nicht ganz klar; man redete ein wenig um den heißen Brei herum. Dass das Gesetz noch scheitern könnte, war aber kaum denkbar: Zwei Ministerinnen sowie die Bautensprecher der Regierungsfraktionen, Nina Tomaselli (Grüne) und Hans Singer (ÖVP), verkauften das Gesetz im März schon als große Errungenschaft der Regierung, als große finanzielle Erleichterung für Mieterinnen und Mieter, die kumuliert mit 55 Millionen Euro pro Jahr beziffert wurde.

Scheitern stand im Raum

Und doch kam nochmals Sand ins koalitionäre Getriebe, zum großen Erstaunen und Ärger der Grünen. Ungewöhnlich spät im Gesetzeswerdungsprozess, nämlich nach der Begutachtungsphase, blockierte die ÖVP plötzlich den finalen Abschluss des Maklergesetzes.

Claudia Plakolm (ÖVP) verhandelte mit …
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Die Rede ist von starkem Druck aus der Wirtschaftskammer (in der WKO sieht man das anders) und von ausschweifenden Lamentos aus der Immobilienbranche samt Verweisen auf negative Erfahrungen mit dem Bestellerprinzip in Deutschland, von denen sich die ÖVP beeindrucken ließ. Jedenfalls hieß es zunächst einmal, dass das Gesetz auf Eis gelegt worden sei. Intern entschieden die Grünen dann rasch, dass sie hier ein Exempel statuieren wollten. Die ÖVP werde den Koalitionspartner sicher nicht vorführen, lautete die parteiinterne Devise. Wenn das Gesetz scheitere, sei das die Schuld der ÖVP, die wieder einmal die Bedürfnisse ihrer wohlhabenden Klientel vor jene der Bevölkerung gestellt hätte: Das würden die Grünen trommeln, auch in den nächsten Landtagswahlkämpfen.

Zunächst ließ sich die ÖVP davon nicht beeindrucken. Das Maklergesetz blieb in der Schwebe, dazu gesellten sich immer mehr andere grüne Prestigeprojekte. Doch dann begannen auch bürgerliche Kommentatoren vom "Stillstand in der Koalition" zu schreiben und Türkis-Grün langsam die Daseinsberechtigung abzusprechen. Eine Botschaft, die in der Lichtenfelsgasse ankam. Gleich drei türkise Abgeordnete – neben Singer auch der im Klub immer wichtigere Andreas Ottenschläger sowie Justizsprecherin Michaela Steinacker – sollten mit ihrer grünen Kollegin Tomaselli zu einer neuen Einigung gelangen.

Machtwort von Zadić

Während der letzten Nationalratssitzungen des Jahres wurde verhandelt, wann immer das zeitlich möglich war. Inhaltlich ging es jedoch nur zäh voran – bis Justizministerin Zadić angeblich ein Machtwort sprach. Sie soll die ÖVP diskret daran erinnert haben, dass kommendes Jahr gleich mehrere Gesetzesvorhaben anstehen, bei denen vor allem Verfassungsministerin Karoline Edtstadler (ÖVP) mitreden will: vom Bundesstaatsanwalt bis zur Reform des Korruptionsstrafrechts. Wenn die ÖVP beim Maklergesetz nicht einlenke, würden die Grünen 2023 ähnlich agieren – und der Bevölkerung mitteilen, dass sich die krisengebeutelte ÖVP mit Händen und Füßen gegen ein schärferes Korruptionsstrafrecht wehre.

Das zeigte Wirkung. Am vergangenen Samstag kam dann doch die Einigung auf jenes Paket, das im Grunde schon Monate vorher ausverhandelt worden war. Nur wenige Stunden später präsentierten Zadić und Plakolm das Gesetz bereits. Ein Lebenszeichen der Koalition, das zeigen soll: Man kann sich zusammenraufen.

Aber sind Mieterinnen und Mieter ab Juli 2023 wirklich davor gefeit, Provision zahlen zu müssen? Das wird man erst sehen.

… Alma Zadić (Grüne) das Bestellerprinzip.
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Missverständliche Formulierung

Auf den ersten Blick erscheinen die Formulierungen im neuen Paragraf 17a des Maklergesetzes unmissverständlich: "Mit einem Wohnungssuchenden kann ein Immobilienmakler nur dann eine Provision vereinbaren, wenn ihn dieser als erster Auftraggeber mit der Vermittlung eines Wohnungsmietvertrags beauftragt hat", heißt es da etwa.

Geht man ins Detail, konnten die Bedenken der Mieterschutzorganisationen aus dem Begutachtungsverfahren aber nicht gänzlich ausgeräumt werden. So ist etwa fraglich, ob die neue Regelung bei wirtschaftlicher Verflechtung von Maklern und Verwalterinnen scharf genug ist. Klargestellt wird zwar, dass in den Fällen, in denen Vermieterinnen oder Verwalter "am Unternehmen des Immobilienmaklers oder an einem mit diesem verbundenen Unternehmen unmittelbar oder mittelbar beteiligt" sind (und vice versa), Wohnungssuchende keine Provision zahlen müssen – selbst wenn sie erste Auftraggeber sind. Doch schon im Vorfeld war hier kritisiert worden, dass es für Wohnungssuchende unzumutbar sein könnte, aufwendige Nachforschungen über wirtschaftliche Verflechtungen anzustellen.

Wiens Mietpreise sind im Vergleich zu London oder München noch sehr erschwinglich. Trotzdem wird Wohnraum in der Hauptstadt immer teurer. Besonders im privaten Mietsektor.
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Strafen bei Ablösen

Ähnliches gilt auch für eine andere neue Regelung: Wohnungssuchende sind auch dann nicht provisionspflichtig, wenn der Vermieter (oder eine andere im Gesetz genannte Person, etwa die Verwalterin der betreffenden Liegenschaft) "vom Abschluss eines Maklervertrags abgesehen hat, damit der Wohnungssuchende als Erstauftraggeber provisionspflichtig wird". Hier wurde kritisiert, dass es für Wohnungssuchende ja wohl "unmöglich ist, über innere Absichten der Vermieterseite Beweis zu führen".

Allerdings: Das Gesetz schreibt Maklerinnen und Maklern Dokumentationspflichten vor. Auch Strafen sind vorgesehen: Wer unberechtigterweise Provision verlangt, kann mit bis zu 3600 Euro belangt werden. Diese Strafen waren den Grünen eigentlich zu niedrig, wie noch im Oktober zu hören war. Hier gab es aber ein Einlenken, die Höhen blieben gleich. Im Gegenzug wurden auch die Bestimmungen über verbotene Ablösen nicht mehr angetastet, wie das offenbar von der ÖVP gewünscht war. Sie gelten auch für Mieterinnen und Mieter, die selbst Nachfolger suchen. Bei dieser Konstellation könnte es nämlich zu einem Revival der früher üblichen illegalen Ablösen kommen, fürchtet man in der Immo-Branche. Ob sich das bewahrheitet, wird man im Sommer sehen: Am 1. Juli 2023 treten die neuen Regelungen in Kraft. (Martin Putschögl, Fabian Schmid, 26.12.2022)