1. Jeannee gegen Fellner

Es könnte eng werden im Saal 302 im Wiener Straflandesgericht, wenn am Montag ab 9.30 Uhr Richter Stefan Apostol im Rechtsstreit von Michael Jeannée / "Krone" gegen Wolfgang Fellner / "Österreich" verhandelt. Immerhin könnte dieses Verfahren über die Behauptung von "Österreich", Jeannée würde seine "Krone"-Kolumnen in überwiegend alkoholisiertem Zustand verfassen, am Montag auf ein Finale zusteuern.

Einer der von der Mediengruppe Österreich geladenen Zeugen überlegte vor seiner Einvernahme einen Scherz – ich habe leider nicht verfolgt, ob er ihn vor Gericht auch tatsächlich machte: Er könne nicht beurteilen, in welchem Zustand die Kolumnen verfasst werden – doch Alkohol könnte jedenfalls bei der Lektüre helfen.

Michael Jeannee und Wolfgang Fellner, hier mit ihren Kolumnen-Köpfen.
Foto: Krone Österreich Faksimile

STANDARD-Gerichtsreporter Michael Mösenender wird Ihnen über den weiteren Verlauf des Verfahrens berichten, wie er es zum Beispiel hier schon überaus lesenwert getan hat.

>>> Update, Montagmittag: Urteil: "Krone"-Jeannée ist "Sudelfeder", aber kein "Promilleschreiber"

2. Fellner gegen Kronehit und Ö3

Am 1. April, Ostersonntag also, liegt der Start von legalen Privatradios in ganz Österreich auch schon wieder 20 Jahre zurück – im europäischen Vergleich muss man bei dieser späten Zulassung eher von erst 20 Jahren sprechen. Und der Radiomarkt sieht über weite Strecken noch immer so aus, wie ihn SPÖ und ÖVP in den 1990ern zusammen mit Verlegern und ORF entworfen haben: sehr regional.

Nur ein Privatsender hat es seither geschafft, regionale und lokale Lizenzen für eine bundesweite Radiolizenz einzusammeln – und damit Ö3 auch überregional Konkurrenz zu machen: Kronehit. Der "Krone" und "Kurier" gehörende Sender macht – ohne Sondereffekte wie zuletzt satte Radiotest-Entschädigungen – rund sechs Millionen Euro Gewinn. In manchen, nicht lange zurückliegenden Jahren warf der "Krone"-"Kurier"-Verlagsriese Mediaprint schon weniger ab als der Sender.

Die spannendste Entwicklung zum Privatradio-Jubiläum: Wolfgang Fellner (Mediengruppe Österreich) hat sich wie längst berichtet für 2018 vorgenommen, Kronehit und Ö3 mit einer eigenen bundesweiten Radiolizenz Konkurrenz zu machen. Kein leichtes Unterfangen, auch mithilfe spendenbereiter anderer Lizenzinhaber: Für eine bundesweite Lizenz müssen bisher regionale und lokale Lizenzen bei der Medienbehörde abgegeben werden, die zusammen 60 Prozent der Bevölkerung (technisch) erreichen können – und die zudem noch gültig sind. Radiolizenzen vergibt die Behörde auf zehn Jahre, und wer nach und nach Sendegebiete eingesammelt hat, bei dem stehen auch nach und nach immer wieder ablaufende Lizenzen zur Verlängerung an. Das könnte also ein längerer Rechtsweg zur bundesweiten Lizenz werden, mit ungewissem Ausgang.



3. Öffentlich-rechtlich in den April

A propos 1. April: Vor diesem Datum muss der ORF dem Bundeskanzleramt alle Jahre wieder berichten, wie er im abgelaufenen den öffentlich-rechtlichen Auftrag erfüllt hat. Der Unterhaltungswert etwa des Kapitels über anspruchsvolle Programme im Hauptabend, die das Gesetz vorschreibt, hat leider über die Jahre etwas abgenommen – nur selten verirren sich inzwischen etwa Hollywoodblockbuster in die Aufstellung über zwei Musterwochen, auch Premiumsport wurde rar, "Soko Donau" sowie "Soko Kitzbühel" sind noch immer gut vertreten.

Die für ORF 1 geplante Infoshow, werktäglich um 21 Uhr, wird, wenn sie so kommt, bei der Zusammenstellung der zwei Musterwochen gewiss helfen.

Ein paar Heiterkeiten vergangener Jahre(sberichte) finden Sie hier (auch eine Wochenschau) oder auch hier in einer großen Zehnjahresbilanz von Rundfunkrechtler Michael Kogler, der etwa zum Schluss kommt: "Alle zwei Tage Anspruch".



4. GIS-Volksbegehren

Der ORF bekommt die GIS-Gebühren – also seine zwei Drittel "Programmentgelt" davon – für seinen öffentlich-rechtlichen Auftrag. Für den möchte nicht jeder und jede gleich gerne bezahlen, sagen nicht nur die Foren auf derStandard.at regelmäßig.

Die Christliche Partei Österreichs (CPÖ) versucht gerade zum zweiten Mal binnen weniger Wochen ein Volksbegehren zur Abschaffung der GIS. Seit 17 Tagen kann man es unterstützen, und immerhin: Am Sonntag kurz nach 14 Uhr hielt man laut CPÖ bei 46.894 Menschen, die das tun.

2017 kamen beim ersten CPÖ-Anlauf gegen die GIS 25.503 Unterschriften zusammen, der damalige Innenminister Wolfgang Sobotka (ÖVP) verweigerte die Einleitung eines Volksbegehrens. Prognosen über den Umgang seines Nachfolgers Herbert Kickl (FPÖ) mit dem neuen Anlauf lasse ich lieber. ÖVP wie FPÖ lassen aber ohnehin längst ihre Sympathie für ein Ende der GIS-Gebühren erkennen – und eine Finanzierung des ORF aus dem Bundesbudget. Da könnte sich ein Volksbegehren nicht mehr richtig lohnen – vielleicht aber auch helfen.



5. Nach autoritärem Geschmack: Werner Mücks Plädoyer für die GIS

Vor dieser Budgetfinanzierung und dramatischen Folgen für die Unabhängigkeit des ORF warnt im neuen "Profil" einer eindringlich, dem die rebellierenden ORF-Redakteure 2006 als Chefredakteur des ORF zentralistische Führung im Sinne von Kanzler Wolfgang Schüssel (ÖVP) vorwarfen: Werner Mück.

Mück schreibt in seinem Gastkommentar den Wunsch nach Budgetfinanzierung der FPÖ zu, und über die ÖVP und ihren Medienminister Gernot Blümel: "Blümel will offenbar vorsichtig die Gebührenbastion räumen und die finanzielle Unabhängigkeit des ORF auf dem Konsens-Altar der türkis-blauen Regierung opfern. Das wäre eine fatale Kehrtwende und würde sich nahtlos in die notorisch von Irrtümern geprägte Medienpolitik der alten ÖVP einfügen."

An der ORF-Berichterstattung kritisiert Mück etwa "Willkür und Polarisierung", "oft schulmeisterliche Gesprächsführungen" und "manipulative Fehlleistungen". Aber, so Mücks Befund in "Profil":

"Ein ORF-Generaldirektor, der sich beim Finanzminister jährlich ums Haushaltsgeld anstellen muss, Programmmitarbeiter und Journalisten, die indirekt auf der Gehaltsliste der Bundesregierung stehen, sie alle wären nach dem Geschmack autoritärer 'Demokraten', die derzeit nicht nur in Österreich Karriere machen. In Dänemark hat diese Art der 'Reform' dem ORF-Pendant sogleich eine 20-prozentige Kürzung des Budgets gebracht. Es ist zynisch, darauf hinzuweisen, dass sich ORF-Geschäftsführer schon bisher um Gebührenerhöhungen bei Kanzlern und Landeshauptleuten anbiedern mussten. Bei jeder dieser kniefälligen Runden mussten den Landeshauptleuten Geschenke – sprich Sendeflächen zur gefälligen Selbstdarstellung – gebracht werden. Statt diesen Missbrauch politischer Macht, diese gesetzwidrige Einflussnahme abzustellen und das Marionettentheater des Stiftungsrates aus der Geiselhaft der Parteien zu befreien, soll es noch unverblümter kommen. Allein die Optik ist verheerend, denn wer zahlt, schafft an oder straft ab."

Der ORF als "Schuhlöffel" und "Steigbügelhalter" für private Medien lässt bei Mück übrigens "die Alarmglocken schrillen".



6. Kanalmanager und Quotenschwund

Alarmglocken schrillen beim ORF üblicherweise auch, wenn sich der gemeinsame Marktanteil der beiden Hauptsender ORF 1 und ORF 2 der 30-Prozent-Marke nähert. Im März zeichnet sich das ab: Bisher kommen die beiden wichtigsten ORF-Fernsehkanäle auf 30,5 Prozent Marktanteil – im März 2017 lagen sie noch bei gemeinsam 32,6 Prozent beim Gesamtpublikum ab zwölf Jahren. Und: Karwochen und Osterfeiertage bringen üblicherweise eher keine Quotenhöhenflüge.

Diese Karwoche aber könnte für die weitere Entwicklung von ORF 1 etwas bringen: Wenn ORF-Chef Alexander Wrabetz umsetzt, was er seinen Stiftungsräten vorige Woche avisiert hat – nach ein paar Jahren der Ankündigungen und Verschiebungen Channel Manager plus Chefredakteure für ORF 1 und ORF 2 zu verordnen und die Jobs in dieser Woche auszuschreiben.

Am Freitag traf Wrabetz noch einmal die TV-Betriebsräte, um seine geplante TV-Struktur und die Organisationsanweisung darüber zu besprechen. Die Belegschaftsvertreter blieben bei ihrer Ablehnung. FPÖ-Stiftungsrat Norbert Steger wollte vorigen Donnerstag schon "Super-Alex"-T-Shirts drucken lassen, weil der ORF-General dennoch anweisen und ausschreiben wollte.



7. Ein Quotenmonat für Puls 4 und Servus

Quoten-Höhenflüge erlebte der eine oder andere Privatsender(chef) im März. Puls 4 schaffte mit dem Europa-League-Achtelfinalspiel Red Bull Salzburg gegen Borussia Dortmund am 15. März 2015 einen Tagesmarktanteil von 10,2 Prozent im Gesamtpublikum, recht knapp hinter ORF 1 mit 10,7 Prozent.

In der Werbezielgruppe war Puls 4 an dem Tag gar Österreichs stärkster Sender mit 13,2 Prozent Marktanteil bei den Zwölf- bis 49-Jährigen. ORF 1 schaffte da elf Prozent, ORF 2 8,8. ProSiebenSat1Puls4 feierte seinen bisher höchsten Gruppen-Marktanteil von 39,5 Prozent in der Werbezielgruppe in Österreich. Am 5. April spielt Red Bull Salzburg gegen Lazio Rom, und so steht es auch im Puls-4-Programm für den Abend.

Im (bisherigen) März-Monatsschnitt schafft Puls 4 im März 3,7 Prozent im Gesamtpublikum und an die fünf Prozent in der Werbezielgruppe. Konzernkollege ATV kommt auf 3,1 und 4,3 Prozent.

Servus TV steuert im März (nach bisherigen Werten) auf rund 2,5 Prozent im Gesamtpublikum zu – eine deutliche Steigerung gegenüber dem März 2017 mit 1,7 Prozent, aber recht konstant auf der Flughöhe der Vormonate zwischen 2,4 und 2,5 Prozent.

Einen Spitzenwert bescherte der März Senderchef Ferdinand Wegscheider mit seiner – sagen wir einmal: prononcierten – TV-Kommentarreihe "Der Wegscheider". 203.000 Menschen (inklusive zeitversetzter Konsum) sahen die in der Pause von Red Bull Leipzig gegen (schon wieder) Borussia Dortmund am 3. März 2018 ausgestrahlte Ausgabe.

Schade also für Wegscheider und seinen Sender, dass die TV-Kooperation mit Sky über Spiele der deutschen Bundesliga wegen "starker Differenzen" über die Spielauswahl schon nach zwei Übertragungen von geplanten sechs wieder endete, wie DWDL berichtete.


Kommen Sie gut in diese Woche, die nicht so recht nach Osterfrieden klingen will. (Harald Fidler, 26.3.2018)